Großkreuz für Angela Merkel Höchster Orden ist zu viel der Ehre

Meinung · Natürlich verdient Angela Merkel Anerkennung. Ihre Kanzlerschaft kennzeichnet einen Zeitraum, in dem Deutschland sich gedeihlich entwickelte. Doch der höchste Orden des Landes ist ein bisschen zu viel der Ehre.

 Angela Merkel (CDU), ehemalige Bundeskanzlerin, bekommt von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland in besonderer Ausführung im Schloss Bellevue verliehen.

Angela Merkel (CDU), ehemalige Bundeskanzlerin, bekommt von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland in besonderer Ausführung im Schloss Bellevue verliehen.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Im Nachhinein ist es leicht, klüger zu sein. Im Nachhinein hätte auch Angela Merkel so manche Entscheidungen ihrer Kanzlerschaft vermutlich anders getroffen. Hinterher ist jeder schlauer. Deshalb ist es auch höchstens wohlfeil, mindestens aber Populismus, jetzt darauf zu verweisen, dass Deutschland sich niemals so abhängig hätte machen dürfen vom Gas aus Russland.

Denn es drängt sich die Frage auf, wer wohl den Finger dafür gehoben hätte, deutlich teureres Gas zu kaufen auf Kosten von Wirtschaft und Verbrauchern. Solche Vorwürfe taugen nicht, die Verleihung des höchsten Ordens der Bundesrepublik an Angela Merkel zu kritisieren. Dennoch wäre weniger mehr gewesen, hätte es sogar Sinn gehabt, in Zeiten wie diesen auf den glamourösen Akt zu verzichten.

Natürlich verdient Merkel Anerkennung. Ihre Kanzlerschaft kennzeichnet einen Zeitraum, in dem Deutschland sich gedeihlich entwickelte. Die Wirtschaft wuchs, die meisten Einkommen wuchsen mit, Deutschland genoss durch seine Kanzlerin Ansehen in der Welt. Denn Merkel war eine Krisenmanagerin, wie der Globus sie heute dringend nötig hätte.

Verlässlich in ihren Aussagen, beharrlich in Verhandlungen, jeder wusste, was er von Deutschland zu erwarten hatte und was nicht. So war es, als Merkel den Atomausstieg beschloss, so war es, als sie die Grenzen für Flüchtlinge öffnete,  so war es, als sie die Spargroschen der Deutschen für sicher erklärte.

Doch die Auszeichnung hat jetzt einen faden Beigeschmack. Der wird nicht allein dadurch verursacht, dass der heutige Bundespräsident mit dem Orden an Merkel womöglich auch seine eigene Arbeit als Außenminister unter der Kanzlerin adelt. Schwerer wiegen die Folgen dessen, was Merkel in 16 Jahren Kanzlerschaft versäumt hat.

Deutschland ist ein Fall für die Intensivstation. Das betrifft die Infrastruktur ebenso wie das Rentensystem, wie Zuwanderung, Integration und Demografie. Deshalb ist ein Orden, wie er bisher nur Konrad Adenauer für seine Westintegration der Bundesrepublik und Helmut Kohl für seine Europapolitik verliehen worden ist, für Angela Merkel ein bisschen zu viel der Ehre.

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