Wenn die Predigt im Café entsteht

Lothar Santer ist neuer Prädikant der evangelischen Gemeinde Sonnborn.

Wenn die Predigt im Café entsteht
Foto: Stefan Fries

Seine Predigten schreibt er gern im Café. „Ich mag die geschäftige Atmosphäre und nutze das auch zur Inspiration“, sagt Lothar Santer. Der 42-Jährige ist neuer Prädikant der Evangelischen Kirchengemeinde Sonnborn. Gerade wurde er in der Hauptkirche ordiniert und damit offiziell in sein Amt eingeführt. Es berechtigt zu vielen Aufgaben, die sonst ein hauptamtlicher Pfarrer übernimmt.

Dazu gehört etwa die selbstständige Planung und Durchführung von Gottesdiensten. Auch Taufen, Eheschließungen und Beerdigungen darf Lothar Santer übernehmen. Der großen Verantwortung seines Amtes ist er sich äußerst bewusst. „Ich nehme das sehr ernst“ sagt der engagierte Sonnborner, der einen erheblichen Teil seiner Freizeit in die ehrenamtliche Kirchenarbeit investiert. Bis zu 14 Stunden nehmen allein die Vorbereitungen eines Gottesdienstes in Anspruch. Der größte Aufwand ist dabei das Schreiben der Predigt. „Es macht aber großen Spaß und das Amt ist sehr erfüllend“, erklärt Santer seinen Enthusiasmus.

Zu den vorgegebenen Bibelversen nutzt er gern Geschichten direkt aus dem Leben mit aktuellem Bezug. Statt Luther wird da auch schon mal der im vergangenen Jahr verstobene Peter Lustig aus der Sendung Löwenzahn zitiert — begleitet von der bekannten Titelmelodie auf der Orgel. Dieses unkonventionelle Konzept kommt bei den Gläubigen gut an. „Bisher waren die Rückmeldungen sehr positiv“, berichtet Lothar Santer.

Vor seiner Ordination durchlief er eine zweijährige Ausbildung mit mehrtägigen Kursen. „Dabei lernt man ganz grundlegende Dinge wie das richtige Tragen des Talars“, erzählt Santer. Auch Sprachtechniken gehören dazu. „Das Predigen von der Kanzel vor der Gemeinde ist schon eine Überwindung“, berichtet der Sonnborner. Nach mehr als 20 Gottesdiensten verfügt er aber über einiges an Erfahrung. Gereizt hat ihn die Aufgabe schon lange. „Ich wollte nach der Schule eigentlich Theologie studieren, habe mich aber dann doch dagegen entschieden“, erzählt Lothar Santer. Durch das Amt kann er die Gemeinde Sonnborn jetzt mit seiner Begeisterung für die Kirchenarbeit unterstützen.

Die Idee zur ehrenamtlichen Tätigkeit stammt aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, als extremer Pfarrermangel herrschte. Laien sollten diese Lücke schließen und stellten sich schnell als großer Gewinn heraus. „Prädikanten können Gemeinden mit ihrer Lebens- und Berufserfahrung sehr bereichern“, sagt Lothar Santer. Sie sollen die Arbeit der Pfarrer nicht ersetzen, sondern sinnvoll ergänzen. Derzeit feilt der Sonnborner an der Predigt für den Gottesdienst, den er an Heiligabend um 23 Uhr in der Hauptkirche übernimmt. „Darauf freue ich mich besonders“, sagt Santer. ebi

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