Historiker erforscht die Biergeschichte

Marc Chudaska spürt in seiner Doktorarbeit dem Niedergang der Wicküler-Brauerei nach.

Historiker erforscht die Biergeschichte
Foto: Anna Schwartz

Barmen. Die Bezeichnung „Historiker unter den Brauern“ trägt Marc Chudaska nicht ganz zu Unrecht. Schließlich hat der 41-Jährige von 1992 bis 1995 bei der Garde-Brauerei in Dormagen Brauer gelernt. Von 2001 bis 2008 studierte er an der Uni Düsseldorf dann unter anderem Geschichte.

Derzeit sitzt der Dormagener an seiner Doktorarbeit über die Geschichte der Wicküler-Brauerei, die er im kommenden Jahr an der Bergischen Uni einreichen möchte. Arbeitstitel: „Die Musketiere und der Köbes“.

Chudaskas Arbeitshypothese: Durch Managementfehler wurde der Brauereistandort heruntergewirtschaftet. „Es hat massive Fehlentscheidungen gegeben. Wenn die nicht begangen worden wären, könnte es das Unternehmen als eigenständige Brauerei heute noch geben“, erklärt der Historiker.

Fakt ist freilich, dass es auch anderen Brauereien in Deutschland nicht gut geht oder sie bereits das Zeitliche gesegnet haben. Der Bierkonsum in Deutschland ist in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Die Brauereien vertreiben Biermischgetränke, um diese Entwicklung zumindest teilweise abzufedern. Auch in traditionellen Braustädten wie Dortmund mussten bis auf eine große alle übrigen Brauereien ihren Betrieb einstellen.

In den vergangenen Jahren hat Chudaska die Archivalien im Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchiv in Köln durchforstet: Dort finden sich nach seinen Schätzungen etwa 80 bis 90 Prozent der Unterlagen aus der Unternehmensgeschichte von Wicküler. Auch das Archiv der zum Oetker-Konzern gehörende Radeberger-Gruppe konnte Chudaska, der in Wuppertal auch Führungen zur Brauhistorie anbietet, für seine Forschungen nutzen. Das Privatarchiv der ehemaligen Besitzerfamilie Werhahn in Neuss durfte der Historiker dagegen nicht anschauen.

Der Niedergang der Wicküler-Brauerei sei „ein exemplarisches Beispiel“ dafür, wie ein Unternehmen, das ein Bier „mit einem guten Ruf“ hergestellt hatte, in Probleme geführt wird. „Bier ist ein sensibles und volksnahes Marketingprodukt“, sagt Chudaska.

Durch die Werbung mit den Musketieren und Slogans wie „Männer wie wir“ war das Unternehmen in den 60er und 70er Jahren noch bundesweit bekannt geworden. Durch zu schnelle und unüberlegte Versuche der wirtschaftlichen Expansion im In- und Ausland kam die Brauerei dann nach Ansicht von Chudaska in Bedrängnis.

„Man muss sich als Unternehmen genau überlegen, welche Märkte und welche Nischen man besetzen möchte“, erklärt er. Wicküler habe überdies zu spät auf das Aufkommen der etwas milderen Biere wie Warsteiner oder Krombacher reagiert. Zudem seien bei der Gestaltung der Vertriebswege Fehler gemacht worden. Der rein betriebswirtschaftliche Blick auf das Geschäft - Minimierung der Kosten um jeden Preis - sei kein Rezept zur Lösung der Probleme gewesen, vielmehr sei die Lage dadurch noch schlimmer geworden.

Auch Carsten Dölz, Brauer und Mälzer im Wuppertaler Brauhaus, sieht Managementfehler als Ursache für den Ausverkauf der Brauerei und das Ende der großen Brautradition in Wuppertal. Dölz kennt das Unternehmen aus der Innenperspektive: Zwischen 1982 und 1985 hatte er seine Ausbildung zum Brauer bei Wicküler absolviert und auch ein Jahr als Geselle dort gearbeitet. „Das Unternehmen hat den regionalen Markt zu sehr vernachlässigt und zu viel auf Export gesetzt“, sagt er.

Zudem hätten die Energiekosten dem Unternehmen zugesetzt. In der Brauerei habe das Sudhaus unterhalb des Gärkellers gestanden. Deshalb musste das Bier in langen Leitungen von einem Standort zum nächsten gepumpt werden. Das habe hohe Energiekosten verursacht.

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