Prozess um 30 Millionen Euro: „Das stinkt doch bis in alle Ecken“

Das Gericht glaubt dem Angeklagtem nicht.

Wuppertal. Nach einstündiger Vernehmung machte Richter Helmut Leithäuser seinem Unmut Luft: "Das stinkt doch bis in alle Ecken und Kanten." Gemeint war die Aussage eines 37 Jahre alten Angeklagten. Im Mammut-Prozess um Steuerbetrug in Höhe von 30 Millionen Euro hatte der 37-Jährige gestern vor dem Landgericht zwar zugegeben, Geschäftsführer mehrerer Firmen gewesen zu sein, die im Fokus der Ermittler stehen. Angeblich habe er aber die Geschäfte nicht geleitet und von dem Umsatzsteuer-Betrug nichts gewusst.

Immer wieder habe er Geld dafür bekommen, Firmen abzuwickeln, berichtete der Angeklagte. Obwohl er selbst angab, keine Kenntnisse über Computerteile zu haben und "vor Langeweile im Büro fast umgekommen" zu sein, sei er immer wieder zum Geschäftsführer gemacht worden. "War Ihnen bekannt, dass man Sie als Strohmann benutzt hat", wollte Richter Helmut Leithäuser von ihm wissen. "Nein", war die schlichte Antwort. Leithäuser: "Es sieht aus, als haben Sie sich willig als Strohmann zur Verfügung gestellt." Wenn jemand dies bewusst tue, sei er kein Beihelfer, sondern Täter, so der Richter.

Am Vormittag hatte das Gericht die Aussage des ebenfalls angeklagten Steuerberaters (44) aus Wuppertal entgegengenommen. Der hatte berichtet, für verschiedene Firmen der Angeklagten tätig gewesen zu sein. Dabei habe er festgestellt, dass mitunter Rechnungen in sechsstelliger Höhe gefehlt haben, die Vorgänge aber dennoch gebucht. Von dem Betrug wolle er nichts gewusst haben. Obwohl das Gericht Bedenken an seinen Angaben äußerte, kann er als einziger der elf Angeklagten auf einen "Deal" hoffen. Weil die Staatsanwaltschaft dem 44-Jährigen in Aussicht gestellt habe, bei einem Geständnis mit einer Bewährungsstrafe rechnen zu können, fühlt sich das Gericht verpflichtet, sich an dieses Angebot zu halten. Sofern der Angeklagte seine Schuld einräumt. nib

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