Gericht Angeklagtem droht Psychiatrie

Der Krefelder soll Passanten und Polizisten attackiert haben.

Bei psychotischen Erkrankungen geht es in Gerichtsverfahren eher um die Sorge für den angeklagten Patienten als um dessen Verurteilung — etwa wegen aggressiver Übergriffe auf andere. Das scheint auch auf den 31-jährigen Krefelder zuzutreffen, der sich seit gestern vor dem Landgericht verantworten muss. Schon die Staatsanwältin sprach bei ihrer Anklage von einem Sicherungsverfahren. Ein psychiatrischer Sachverständiger unterstützt das Gericht.

Der Mann soll im Zustand der Schuldunfähigkeit in fünf Fällen Passanten grundlos mit Gegenständen oder Faustschlägen attackiert und vorsätzlich verletzt haben. Ein Zeuge, der mit seiner Lebensgefährtin unterwegs war, sagte aus, der Angeklagte sei völlig unvermittelt auf ihn losgegangen und habe mit einem Schirmgestänge auf ihn eingeschlagen, das er zuvor aus einem Müllkorb genommen haben soll. Der Passant habe den Angriff mit dem Arm abwehren können und nur einige blaue Flecke davongetragen. Seine Freundin sagte, sie habe den Angeklagten laut angeschrien, worauf er auf ein benachbartes Grundstück geflüchtet sei. Ein Anwohner, der die Attacke vom Dachfenster aus beobachtet hatte, bestätigte die geschilderten Geschehnisse vor Gericht.

Eine Polizistin, die mit einem Kollegen zur Hilfe gerufen wurde, fand den „polizeibekannten“ Angreifer verstört vor. „Er war nicht vernehmbar“, sagte sie. Allerdings habe er sich gegen die Festnahme gewehrt und vergeblich versucht, ihren Kollegen mit einem gezielten Kopfstoß zu attackieren.

Eine Zeugin berichtete von einem weiteren Vorfall vor dem Café einer Bäckerei. Davor hätten zwei Kundinnen gesessen, als der Angeklagte auf eine der Frauen zulief und ihr mit der Faust in den Rücken schlug. Den Beschuldigten habe die Bäckereiverkäuferin gekannt, weil er ihr schon oft wegen Bettelns aufgefallen sei.

Der Angeklagte hinterließ vor Gericht einen verwirrten Eindruck. „Ich höre Stimmen“, sagte er, diese stifteten ihn dazu an, andere zu schlagen. Eine anschauliche Beschreibung seiner Person und den Familienverhältnissen erhielt das Gericht von einer Stiefschwester des angeklagten 31-Jährigen. Er komme aus einer Familie mit sieben Geschwistern, wobei die Eltern Alkoholiker gewesen seien und der Vater die Mutter misshandelt habe. Die Freundin des Stiefbruders, mit der er auch ein gemeinsames Kind habe, habe ihn zum Konsum verschiedener Drogen animiert. Auch sei er von anderen Drogenabhängigen gefesselt und mit brennenden Zigaretten gefoltert worden. Seine Stiefschwester mutmaßte, dass er dadurch „einen Knacks bekommen“ habe.

Am Montag steht das Gutachten des Sachverständigen an. Dem Angeklagten, der derzeit in einer Fachklinik untergebracht ist, droht die Fortsetzung seines Aufenthalts.

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