Jahresausklang mit Charme, Witz und Zylinder

Dirigent Franz Lamprecht moderiert den Symphonischen Chor Wuppertal gut gelaunt in der Stadthalle.

Wuppertal. Das Publikum erscheint festlich gekleidet, der große Saal der Stadthalle ist ausverkauft, und Franz Lamprecht führt seine Zuhörer gewohnt witzig ins neue Jahr. Zwar sind noch drei Tage bis zum endgültigen Wechsel, doch der Dirigent des Symphonischen Chors Wuppertal lädt traditionell zusammen mit seinem Philharmonischen Orchester Tirgu Mures am 28. Dezember zum Silvesterkonzert.

Wie immer sprüht Lamprecht dabei vor Charme und Witz: "Ein Bandleader namens Dirigent führte eine Live-Band, die man Kapelle nannte", charakterisiert er die Strauß’sche Truppe und hat die Lacher auf seiner Seite. Die Fächer-Polonaise von Carl Michael Ziehrer, bekannt von der Eröffnung des Wiener Opernballs, leitet den Abend festlich ein, und dann tritt auch schon Erwin Feith auf.

Der Tenor zaubert ein Tuch aus seinem Zylinder, malt mit seinem eleganten Stock samt Silberknauf bei der Arie aus dem Zigeunerbaron Elefanten in die Luft und animiert das textsichere Publikum zum Mitsingen. Mit gut geführter, lockerer Stimme füllt er die Stadthalle mühelos. Nur zwei Tänze später tritt Feith mit russischer Jacke, Mütze und Gewehr mit dem "Wolgalied" auf. "Der Soldat kriegt die Krise, denn er fühlt sich einsam", erklärt Lamprecht launig den Inhalt.

Das Programm mischt populäre Melodien wie die "Fledermaus-Quadrille" und den "Donaustrand" mit etwas weniger bekannten Stücken wie dem "Ballsträußchen" oder dem "Klipp-Klapp-Galopp". Zur Express-Polka irrt ein DHL-Bote durchs Orchester, um ein Paket beim Dirigenten abzugeben. Darin ist ein Brief enthalten, der den Radetzky-Marsch als Zugabe fordert - als könne diese selbstverständliche Zugabe dem Publikum vorenthalten werden.

Das Philharmonische Orchester spielt das muntere Programm gut, lässt aber durchaus Wünsche bezüglich des Klangs und der Exaktheit im Detail offen. Die Streicher agieren virtuos und versiert, ihnen fehlt aber etwas Glanz. Die Bläser blasen teilweise sehr schöne Soli, patzen dann aber wieder unrühmlich. Insgesamt jedoch hinterlässt das Ensemble einen schwungvollen Gesamteindruck.

Trotzdem herrscht im Wuppertaler Publikum nach Überreichen der Blumen gespannte Stille anstelle von begeistertem Applaus - und vor dem Radetzky-Marsch bringen Lamprecht und Feith erst einmal das Lied "Ihr schönen Frauen" des 1981 verstorbenen österreichischen Komponisten Nico Dostal.

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