Albrecht Mayer: Star-Konzert mit Hindernissen

Erst kämpfte der Musiker bei der Anreise mit dem Wetter, dann streikte auch noch seine Oboe. Begeistert hat er trotzdem.

Wuppertal. Albrecht Mayer wollte es gerne spannender: Zu glatt schien ihm die diesjährige Konzert-Tournee zu laufen. Spannung pur erlebte er am Sonntagabend in Wuppertal: Anreise im Schnee-Chaos und dann tut es seine Oboe nicht. Aber der Musiker wäre kein Weltstar an seinem Instrument, hätte er nicht einen Ersatz dabei.

Spannung und Entspannung erzeugt aber vor allem sein vorweihnachtliches Konzert in der Stadthalle mit den Festival Strings Lucerne. Denn Mayer greift gerne auf Bearbeitungen zurück, wenn es nicht genügend Original-Literatur für sein ausgefallenes Solo-Instrument gibt.

Choral-Bearbeitungen von Johann Sebastian Bach und ein geschicktes Arrangement von Kantaten-Abschnitten (Andreas Tarkmann) lassen keinen Zweifel daran, dass Oboen-Konzerte im Barock so geklungen haben könnten: Mayer bläst sein Instrument mit Hingabe, Perfektion und sicherem Stilgefühl.

Weich schmeichelnd ist der Klang in ruhigen Abschnitten, perlend-leicht gestaltet er aberwitzig rasche und kecke Läufe. Wie eine Gesangsstimme erhebt sich sein kantables Spiel aus den mitatmend gespielten Streicher- und Cembalo-Figuren.

Endlos langen Atem scheint er etwa beim "Jesu bleibet meine Freude"-Thema zu haben: Perfekte Zirkular-Atmung macht es möglich.

Bachs Cembalokonzert A-Dur (BWV 1055) spielt Mayer auf der tiefer gestimmten Oboe d’amore: Frisch zupackend im wogenden Allegro, schwebend leicht gestaltet er die Kantilenen von süßer Melancholie im Larghetto, tänzerisch-übermütig geht er im finalen Allegro die trillerreiche Oboenstimme an. Immer ist ihm das Kammerensemble sicherer und mitgestaltender Partner.

Nicht nur die barocke, agogische Spielweise beherrschen die Festival Strings Lucerne, auch die beiden Streichersinfonien aus dem romantischen Frühwerk von Felix Mendelssohn-Bartholdy gestalten sie kenntnisreich: Wie gehaucht klingen Pianissimo-Passagen.

Steigerungen gestalten sie dynamisch-schwellend zum beschwingten Forte und lassen den Werken des begabten 14-Jährigen mit delikatem Streicherklang viel musikantische Sorgfalt angedeihen.

Erst nach etlichen Zugaben mag sich das Publikum im großen Stadthallen-Saal zufrieden geben: Endlich ruft Mayer seine Musiker spontan zum "Stille Nacht" auf und erntet begeisterten, stehenden Applaus.

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