Einzelhandel ISG hat Ideen – braucht aber Zeit und Geld

Wuppertal · Von freiem W-Lan bis zum Hausmeister: Eigentümer wollen die Poststraße wieder erlebbar machen.

 Nikolai Espenschied (M.) und Florian Launus (r.) von der ISG machten mit WZ-Redakteur Manuel Praest (l.) einen Rundgang durch die City.

Nikolai Espenschied (M.) und Florian Launus (r.) von der ISG machten mit WZ-Redakteur Manuel Praest (l.) einen Rundgang durch die City.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Dass in der Poststraße zur Mittagszeit nichts los ist, kann niemand behaupten. Sogar ziemlich voll ist es, als die WZ in der vergangenen Woche mit Nikolai Espenschied, dem neuen Geschäftsführer der Immobilien- und Standortgemeinschaft Poststraße/Alte Freiheit einen Spaziergang durch die Elberfelder Fußgängerzone machte. Auch Leerstände sind die Ausnahme. „Die sind seltener geworden“, bestätigt Espenschied. Doch er weiß: Belebt heißt nicht unbedingt beliebt. Mit dem Mix, den die City bietet, sind viele nicht zufrieden. Überall nur Handyshops lautet eine Kritik, die auch immer wieder von WZ-Lesern geübt wird. „Überall“ ist vielleicht etwas übertrieben, Espenschied schätzt die Zahl auf sechs bis sieben, bunt beworbene, aber oft eher karg eingerichtete Läden, bei denen sich alles um Mobilfunk & Co. dreht, auf der Poststraße. Aber auch er, beziehungsweise viele ISG-Mitglieder seien damit nicht glücklich. Lebendig sei es in der City, aber das, was da ist, wecke keine Neugier.

Espenschied, der zwar gebürtig aus dem Allgäu stammt, seit 25 Jahren aber in Wuppertal lebt, hat die Entwicklung der Poststraße über die Jahre natürlich verfolgt. Dass sich etwas tun muss, sei allen klar. Der Schritt, eine ISG zu gründen, sei deshalb als erster wichtiger Punkt zu sehen. 35 Eigentümer sind dabei, der Großteil auch gerne, betont der Geschäftsführer. Eine Million Euro stehen der ISG nun zur Verfügung. Das hört sich nach erstmal gar nicht so wenig an, relativiert sich aber, wenn man sieht, was für Aufgaben die ISG vor der Brust hat. „Ein Bündel kleiner und großer Maßnahmen“ hat es Florian Launus, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, zusammengefasst, mit den Schlagworten „Attraktiver — schöner — sauberer“.

Abeler kündigt Renovierung seiner Immobilie an

Frei zugängliches, öffentliches W-Lan, ein Selfie-Punkt, ein neues Lichtkonzept — Ideen gibt es schon einige. Wer in andere Städte oder auch nur rüber nach Barmen guckt, sieht möglicherweise Vorbilder. Der Werth hat zum Beispiel mit Paul Decker bereits seinen Hausmeister. Ein Modell für die Poststraße. Natürlich tausche man sich aus, sagt Espenschied, etwa mit der ISG Barmen-Werth, die mittlerweile in ihrer zweiten Laufzeit von fünf Jahren steht, oder mit der ISG Ohligs in Solingen. Nicht immer seien die Voraussetzungen vergleichbar, aber man könne mitunter lernen.

„Aufenthaltsqualität“ ist dabei noch so ein Begriff, der immer wieder fällt. Zum Beispiel von Katrin Becker, Center-Managerin der City Arkaden. Das ECE Projektmanagement, das dahinter steht, ist gleichzeitig größtes Mitglied der ISG. Zwar liegen die Arkaden an der Alten Freiheit und somit an einem Ende des ISG-Einszugsbereichs. Doch auch Becker hat natürlich ein Interesse, dass sich die Einkaufsstraße wieder zum Positiven entwickelt. Schließlich gebe es ja von der Wuppertaler Verwaltung die Qualitätsoffensive Innenstadt, die auch den Bereich Poststraße und Alte Freiheit umfasst.

Die ISG und Espenschied, so Beckers Wunsch und Auftrag, könnten die verschiedenen Akteure zusammenbringen, den Prozess „moderieren“. Denn für eine Stadt in der Größe Wuppertals sei es zu wenig, was die Fußgängerzone biete. Man sei jetzt auf dem richtigen Weg, aber es müsse gelingen, „die Leute in die Stadt reinzuziehen“, so Becker. Die bräuchten einen „Mehrwert“.

Das gelte auch für Ladenbetreiber. Natürlich gebe es immer noch Mieter, die gerne nach Wuppertal kommen würden. Aber das Umfeld, das Drumherum, müssten dann auch stimmen. Wenn Eigentümer seit den 1960er Jahren nichts an ihrer Immobilie getan haben, bräuchte man sich nicht wundern, wenn immer nur die gleichen Interessenten kämen.

Positiv dürfte deshalb die Nachricht ankommen, dass sich am Abeler-Haus etwas ändern soll. Die Zwischennutzung dort ist vielen ein Dorn im Auge. Eigentümer Henrick Abeler, der mit seinem Geschäft bekanntlich an den Neumarkt zog und damit eine traurige Lücke in der Poststraße hinterließ, hat angekündigt, dass er seine Immobilie mit Blick auf neue Mieter renovieren wird. Auch das Glockenspiel soll erhalten bleiben.

Insgesamt, so das Ziel der ISG, solle die Poststraße wieder „modischer“ werden. Sowohl junge als auch ältere Leute sollten sich wohlfühlen. Wenn man vom Ist-Zustand ausgeht, keine leichte Aufgabe. Viele Leute, dass zeigen auch die Reaktionen in den Sozialen Netzwerken, erwarten vor allem eins: schnelle Ergebnisse. Das weiß auch Espenschied. Vieles müsse aber erst einmal geplant werden, bis zur Umsetzung dauere es dann. Sechs, sieben, vielleicht acht Jahre. Auch deshalb hoffe die ISG auf eine zweite Laufzeit. Doch auch die Mitglieder, die Geldgeber, hätten eine gewisse Erwartungshaltung.

Positiv gestimmt ist Baudezernent Frank Meyer. Die ISG sei ein Segen für Elberfeld. Dass sie sich aktuell „noch etwas finden muss, ist völlig normal“. Man sei in enger Abstimmung, vor allem deshalb, weil die Stadt bekanntlich der Poststraße eine neue Pflasterung verpassen wird. Diese Arbeiten sollen voraussichtlich 2021 erfolgen, auf keinen Fall parallel zu den Arbeiten am Wall und Neumarkt, die sich anschließen würden. Die Stadt würde also für die neue Basis sorgen — für die Belebung ist dann die ISG mitverantwortlich.

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