Wirtschaft Found it hilft Menschen mit Handicap beim Gründen

Wuppertal · Die Unternehmensberatung setzt vor allem auf Coaches, die selbst behindert und erfolgreich selbstständig sind.

 Amrei Feuerstack stellte Idee und Konzept von „Found it“ vor.

Amrei Feuerstack stellte Idee und Konzept von „Found it“ vor.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Sich mit einer eigenen Idee oder einem Firmenkonzept selbstständig zu machen, ist oft ein schwieriger Schritt. Noch schwieriger ist der für Menschen mit Behinderung oder einer chronischen Erkrankung. Diese Erfahrung hat auch Amrei Feuerstack gemacht. Um anderen den Schritt in die Selbstständigkeit zu erleichtern, hat sie nun „Found it“ gegründet. Eine inklusive Gründungsberatung.

„Der Drang nach Unabhängigkeit und der Verwirklichung der eigenen Ideen führt immer mehr Menschen dazu, eine eigene berufliche Existenz aufzubauen“, heißt es auf der neuen Website. Amrei Feuerstack selbst hat eine Gesichtslähmung und ist mit 18 Jahren erstmals psychisch erkrankt. Als sie 2018 eine eigene Eventmanagement-Firma gründete, hat sie sich mit ihrem Schwerbehindertengrad von 50 Prozent oft alleingelassen gefühlt. Viele in ihrem Umfeld hätten ihr die Gründung auch nicht zugetraut. Zwar habe auch sie Beratung, etwa von IHK und Wirtschaftsförderung in Anspruch genommen, aber: „Es gab keine zielgruppenspezifische Beratung.“ Die Begleitung war nicht auf ihre Bedürfnisse abgestimmt. Das will sie mit Found it nun ändern.

Sie geht im Oktober mit Beraterinnen und Coaches an den Start, die selbst verschiedene Behinderungen haben. So, dass auch verschiedene Menschen mit Behinderung angesprochen werden - etwa mit Anfallsleiden wie Epilepsie, Autismus, Seh-, Hör- oder Lernbehinderungen, körperlichen Schädigungen oder seelischen Behinderungen.

Die ersten vier Beratungsstunden sind jeweils kostenlos

Die ersten vier Beratungsstunden sollen kostenlos sein - insgesamt sind zwölf Beratungsstunden bis zur Gründung angedacht. In einem Erstgespräch etwa soll die Idee und Art des Unternehmens besprochen werden, später auch Businessplan und Marketingkonzept ausgearbeitet und ein Zeitplan erstellt werden. Diese werden von externen Stellen geprüft, die Finanzierung besprochen und im letzten Prozess auch formale Prozesse thematisiert - wie etwa der Gang zu Ämtern zum Anmelden eines Gewerbes, oder welche Anträge auf spezifische Arbeitshilfen gestellt werden können. Auch Themen wie der Umgang mit körperlichen und psychischen Belastungssituationen sollen Teil der Beratungen sein, die vor allem online stattfinden werden.

All das und auch der konkrete Fahrplan wird dabei immer vor dem Hintergrund einer möglichen Einschränkung der Gründungswilligen besprochen - und angepasst an die individuellen Bedürfnisse. Ab der fünften Stunde müsste das neue Unternehmen schon so weit sein, dass die weitere Beratung finanzierbar ist. Auch ein Patenkonzept ist angedacht, bei der die, die schon einen Schritt weiter sind, für die aufkommen, die noch am Anfang stehen.

Ein paar der Coaches, die für künftige Beratungen bereit stehen, stellen sich auf der Website vor. In ihren eigenen „Erfolgsgeschichten“. Dort ist von Lea zu lesen, die nahezu blind ist und die Diagnose Multiple Sklerose hat - und trotzdem als Texterin freiberuflich arbeitet. Von Rolf, der eine chronische Darmerkrankung hat und sich bei der Arbeit als Vorsitzender im Verein „Ungehindert“ nicht einschränken lässt. Oder von Samira, die trotz Multipler Sklerose eine Patientenblogger-Agentur gegründet hat und viel im Gesundheitsbereich arbeitet.

Durch mehr Förderung der Gründungsideen behinderter und chronisch kranker Menschen entstehen auch neue Berufe für ebendiese - aber auch Angebote. Rainer Frenk etwa hat einen eigenen Assistenzdienst gegründet. Und hat als Betroffener auch einen anderen Einblick in bestimmte Themen. „Damit wird nicht nur etwas für die Menschen mit Behinderung getan, es kann auch die Gesellschaft insgesamt inklusiver machen“, sagt Iris Colsmann von der Färberei, die „Found it“ unterstützt.

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