Wuppertaler Drogenszene Schloßbleiche wird als Toilette missbraucht - Anwohner fordern Stadt zum Handeln auf

Wuppertal · Die Anlieger und Sozialarbeiter fordern, dass die Stadt Wuppertal etwas gegen das Wildpinkeln an der Schloßbleiche tut. Auf das Café Cosa der Suchtkrankenhilfe müssen sie bis mindestens 2021 warten.

 Café Cosa-Leiterin Klaudia Herring-Prestin (2.v.r.) und die Streetworker vom Freundes- und Förderkreis Suchtkrankenhilfe und der Diakonie arbeiten mit der Szene am Döppersberg. Sie fordern nicht nur für ihre Klientel eine Toilette.

Café Cosa-Leiterin Klaudia Herring-Prestin (2.v.r.) und die Streetworker vom Freundes- und Förderkreis Suchtkrankenhilfe und der Diakonie arbeiten mit der Szene am Döppersberg. Sie fordern nicht nur für ihre Klientel eine Toilette.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Die Schloßbleiche ist zur Toilette der Szene am Döppersberg geworden. Das sagen Anlieger der Straße, die für fast zwei Jahre Baustelle war. Für sie ist das eine zusätzliche Belastung. Sie erwarten, dass die Stadt sich darum kümmert.

Seit Ende 2018 ist das Café Cosa des Freundes- und Förderkreises Suchtkrankenhilfe geschlossen – vorher war es für ein Jahr zum Kirchplatz gezogen, nachdem es aus dem Köbo-Haus ausziehen musste. Seitdem hat die Szene keinen geschlossenen Treffpunkt mehr und hat sich an die Wupperbrücke am neuen Döppersberg verlagert. Das wird mutmaßlich so bleiben, bis das Café Cosa steht – zuletzt wurde 2021 als Ziel genannt. Ein Zustand, der niemanden so recht glücklich macht.

Auch die Kinder sehen die Wildpinkler

Gerade, weil die Menschen, die dort ihre Zeit verbringen, keine Toilette haben und stattdessen zumindest in Teilen auf die Schloßbleiche ausweichen. Kerstin Holzmann vom Kinderschutzbund sagt, dass der Uringeruch besonders an warmen Tagen schon den Weg zur Arbeit beeinträchtige. „Das ist manchmal unerträglich.“ Zudem gingen die Menschen auch hinter den Bauzaun auf der Rückseite des Köbo-Hauses, um zu urinieren. „Das können dann auch die Kinder hier sehen“, sagt sie. Kein idealer Zustand, weil gerade den Kindern ein geschütztes Umfeld geboten werden soll.

Holzmann findet es unverständlich, dass den Menschen keine Toilette geboten wird. Da gebe es doch unkomplizierte Möglichkeiten, das kenne man doch von Festen oder Festivals. „Natürlich muss sich jemand kümmern“, sagt sie. „Es kümmert sich ja auch jetzt schon jemand“, macht sie klar. Denn die Mitarbeiter des Eigenbetriebs Straßenreinigung spritzten regelmäßig die Wände des Köbo-Hauses ab. Und die Mitarbeiter des Kinderschutzbundes müssten auch schon mal den Eingangsbereich putzen wegen des Urins und Geruchs. Wobei sie einräumt, dass auch andere Menschen hier ihre Notdurft verrichten, als die aus der Szene. Gerade nachts seien das wohl andere Gruppen.

Holzmann betont, dass sie nichts gegen die Menschen aus der Szene habe. Man müsse sich eben nur um sie kümmern. Das sagt auch ein anderer Anlieger, Drachenhändler Mathias Mayer. Er sieht regelmäßig pinkelnde Männer und Frauen am Treppenaufgang auf der Rückseite des Köbohauses. „Man sollte der Szene eine Toilettenmöglichkeit schaffen. Man kann sie nicht dulden einerseits und andererseits nicht für Toiletten sorgen“, sagt er. Er sieht die Stadt in der Pflicht, sowohl im Sinne der Szene-Angehörigen, als auch im Sinne der Anlieger.

Die Menschen, die mit der Szene arbeiten, sehen das ähnlich. Klaudia Herring-Prestin, Leiterin des Café Cosa, sagt, die Toilettensituation sei Thema seit man über den Umzug des Drogenhilfecafés diskutiere. Die Toilette sei immer ein wichtiger Faktor für die Klientel gewesen. Klaus Krampitz, Streetworker von der Diakonie, sagt, Toiletten seien eine „existenzielle Frage“, gerade weil die Toiletten in den City Arkaden und der Bahnhofshalle Geld kosten – und die Klientel teilweise Hausverbot habe.

Die Szene aus der City zu vertreiben statt ihnen eine Infrastruktur zu bieten, ist keine Option. Das hatte Moritz Quel von der Bergischen Universität kürzlich in der Döppersberg-Begleitkommission betont. Quel arbeitet mit am Projekt „Kosid“ (Kooperation Sicherheit Innenstadt Döppersberg). Er hat gesagt, dass eine Verdrängung nicht funktioniert, das wisse man aus wissenschaftlichen Studien. In einer Großstadt müsse man „alternative Lebensformen“, zu denen auch Sucht gehöre, hinnehmen. Man könne Regeln aufstellen, nicht aber die Menschen verdrängen.

Auch Sozialdezernent Stefan Kühn hatte immer betont, dass das Café Cosa als Szenetreff eben nur im Herzen der Stadt funktioniere. Daher war der Standort des neuen Café Cosa auch bewusst im noch immer nicht fertiggestellten Wupperpark Ost gewählt.

Auch wenn das bis heute Diskussionen auslöst – und die Stadt eine Ausstiegsklausel hat, die zuletzt auch betont wurde. In jener Sitzung der Döppersberg-Kommission führte Michael Müller, früherer Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat, aus, dass er das Café Cosa nur mit Mühe in seiner Fraktion habe durchsetzen können. Wenn es jetzt wegen der Verzögerungen teurer würde, hätte er Angst um die Akzeptanz des Bauprojekts.

Rolf Volmerig von der Wirtschaftsförderung erklärte daraufhin, dass die Stadt nach 60 Prozent der vergebenen Ausschreibungen einen Wasserstand zu den Kosten melden könne und bei massiven Kostensteigerungen noch den Bauplan verändern oder ganz aussteigen könnte. Bisher sind die Pläne andere.

Aber einen Plan für Toiletten gibt es nicht. Klaudia Herring-Prestin findet, das gehe über die Szene hinaus. Es sei ein „Armutszeugnis für die Stadt“, dass es in der City keine kostenlose Toilette gebe.

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