Fußballkultur Blanker Fußballspaß mit Botschaft

Wuppertal · Erstes Nackfußball-Länderspiel im Stadion am Zoo zeigte Sport pur und dazu viel Inszenierung.

 Botschaft und Auftritt auf dem Rasen passten am Sonntag im Stadion am Zoo zusammen.

Botschaft und Auftritt auf dem Rasen passten am Sonntag im Stadion am Zoo zusammen.

Foto: Fries, Stefan (fri)

„Willkommen im altehrwürdigen Stadion am Zoo in Wuppertal zu einer Weltpremiere“, begrüßte Moderator Klaus Fiehe am Sonntag via Mikrofon die nicht vorhandenen Zuschauer zum ersten „Nacktfußball-Länderspiel“. Gefilmt von fünf Kameras auf dem Feld und einer Drohne, die Aufnahmen von oben machte, standen sich Mannschaften aus Deutschland und den Niederlanden gegenüber - nur bekleidet mit Stutzen und Fußballschuhen und unter dem Motto „Das System Fußball ist krank - wir ziehen blank“ - das auf einem Transparent auf der Gegengeraden prangte.

Alles Inszenierung für einen Kunstfilm, den Gerrit Starczewski, Schöpfer der Trash-Videos PottOriginale, mit viel Aufwand dreht und dann gerne auf Filmfestivals zeigen will, um damit seinen Protest gegen die Kommerzialisierung des Fußballs und den übersteigerten Körperkult in der Gesellschaft auszudrücken. Die Protagonisten, größtenteils Fans von Starczewskis Streifen, standen und liefen dafür Modell. Da waren alle Körperformen zu sehen, von athletisch bis scheinbar unsportlich, von dürr bis dick. Benjamin Thiemrodt, vom Idealgewicht ein Stück entfernt, hatte schon bei einem von Starczewski inszenierten Nacktfußballspiel in Erkenschwick mitgemacht und war am Morgen extra aus Leipzig gekommen. „Wir alle sind da, um dem kommerziellen Fußball die Arschkarte zu zeigen“, sagt er kernig. Bei 18 Grad Lufttemperatur und schon mit ein paar Bierchen „vorgeglüht“ lassen sich die Nackerten gern für den Film drapieren, singen inbrünstig, wenn auch nicht im Einklang mit der vom Band kommenden Musik, die Nationalhymne, drehen schon vor dem offiziellen Anpfiff eine Spielszene, in der DJ Hell - auch einer von Starczewskis Pott-Originalen einen - Achtung (!) - in diesem Fall natürlich angezogenen Flitzer mimt. DJ Hell muss anschließend weg, die meisten Spieler dann noch einmal Pipi machen, denn Bier und die fehlende Außenisolierung treiben. Als es dann losgeht, bimmelt „Glocken-Horst“, einer von Starczewski PottOriginalen, in seiner Fankutte frenetisch, während B.A., Edel(Assi-)fan von Westfalia Herne und hier als Bundestrainer eingesetzt, mit kerniger Stimme sein Team nach vorne brüllt.

Es sind die besonderen Szenen, auf die Filmemacherin Anniki Lee aus Köln achtet, und die Fußball pur zeigen sollen, Kontrast zu den Hochglanzbildern vom Profifußball. Lee hat schon häufiger mit Starczewski gearbeitet. Sie hofft, dass aus der Idee weitere Nacktfußball-Länderspiele entstehen - es gebe bereits eine Anfrage der BBC aus England. Auf jeden Fall soll der Film bis zu den Festivals nächstes Jahr fertig sein und Wuppertal ist dann mit der Weltpremiere verbunden.

„Auch die Agenturen dpa und Reuters sind heute hier, mehr geht nicht“, sagt Sportamtsleiterin Alexandra Szlagowski, die den Spielern und Filmleuten vorher aufgeschlossen hat und das Projekt „cool“ findet. WSV-Vorstand Thomas Richter, den die Anfrage von seinem Freund Klaus Fiehe erreicht hatte, ob man für das Spiel nicht das Stadion nutzen könne, schaut ebenso zu und zeigte sich bei dieser Art von Fußball pur gut unterhalten. Beim Endergebnis sind sich beide nicht so sicher, Szlagowski verließ das Stadion beim Stand von 3:2 für Deutschland, nachdem sie einen Wespenstich bei einem holländischen Spieler behandelt hatte. Es sei die einzige Verletzung geblieben - und das Ergebnis spielte ohnehin nicht die große Rolle: Fußball pur eben. gh

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