14 000 Wuppertaler sind mit dem Sozialticket unterwegs

Entscheidung der Landesregierung, die Förderung herunterzufahren, löst eine Demonstration am 9. Dezember aus.

 Die NRW-Landesregierung will sich aus der Finanzierung des Sozialtickets im Nahverkehr zurückziehen - und erntet dafür deutliche Kritik.

Die NRW-Landesregierung will sich aus der Finanzierung des Sozialtickets im Nahverkehr zurückziehen - und erntet dafür deutliche Kritik.

Foto: Martin Gerten

Wuppertal. Seit 2013 steigt Jahr für Jahr die Zahl der Bezieher des vergünstigten Soziatickets in Wuppertal. „2016 wurden rund 13 000 Sozialtickets verkauft, in diesem Jahr erwarten wir etwa 14 000 Käufer“, sagt Holger Stephan, Sprecher der Stadtwerke. Ob sich der Trend in den kommenden Jahren fortsetzt, ist allerdings fraglich, denn die NRW-Landesregierung plant, die Beiträge des Landes zur Finanzierung des ermäßigten Tickets bis 2020 schrittweise herunterzufahren.

Die Pläne könnten langfristig das Aus für die Sozialtickets bedeuten, denn rund 40 Millionen Euro pro Jahr würden zur Subventionierung fehlen. Kritiker der CDU/FDP-Landesregierung haben vorgerechnet, dass die eingesparte Summe, die vielen sozial schwachen Menschen bezahlbare Mobilität und Teilhabe ermögliche, gerade einmal ausreicht, um drei Kilometer Autobahn zu bauen.

In Wuppertal legte das Sozialticket bei seiner Einführung einen holprigen Start hin. Im Oktober 2011 sprach sich der Rat der Stadt zunächst noch mehrheitlich gegen die Einführung aus. Ein von den Grünen vorgelegter Antrag, das Sozialticket im Rahmen eines Pilotprojektes einzuführen, wurde gegen die Stimmen von Grünen und Linken abgelehnt. Die WSW hatten Kosten von 1,3 Millionen Euro für die Testphase prognostiziert. SPD und CDU befürchteten zudem einen großen zusätzlichen Verwaltungsaufwand.

Da sich das Sozialticket in den folgenden Jahren aber in anderen Städten im Gebiet des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr im Pilotprojekt bewährte, wuchs der Druck auf den Stadtrat, die Einführung des Sozialtickets nachzuziehen. Zudem hatte sich die Kassenlage der Stadt inzwischen entspannt, was den finanziellen Handlungsspielraum der städtischen Tochter WSW erweiterte. Seit 2013 wird das Sozialticket daher auch von den WSW angeboten.

Die Nachfrage stieg nach schleppendem Beginn bis heute kontinuierlich an, obwohl der Preis inzwischen von ursprünglich 29,90 Euro auf 37,80 Euro im Monat erhöht wurde.

„Zum Kauf berechtigt sind zum Beispiel Wupperpass-Bezieher, Menschen, die Wohngeld beziehen oder Kunden des Jobcenters“, sagt Stadtsprecherin Ulrike Schmidt-Keßler. 2013 gab die Stadt die Zahl der Bezugsberechtigten mit rund 70 000 an. Aktuelle Zahlen liegen der Stadt nicht vor, der Kreis der potenziellen Anwärter dürfte sich in den vergangenen Jahren zumindest nicht maßgeblich verringert haben.

„Wir stehen erst am Anfang der Debatte“, sagt Sozialdezernent Stefan Kühn. Das Sozialticket bewertet er als ein wichtiges Instrument, um sozial schwachen Menschen die Teilhabe an vielen Dingen des Lebens zu ermöglichen.

Der Verein Arbeitslosenhilfe Wuppertal befürchtet, dass die Mobilität für Arbeitslose, Geringverdiener, Sozialhilfebezieher und Wohngeldbezieher stark eingeschränkt werde. Der Preis für eine reguläre Monatskarte, um mit Bahnen und Bussen in Wuppertal mobil zu sein, betrage etwa 75 Euro, das sei für arme Menschen unbezahlbar.

Die Linken im Rat haben für den 9. Dezember um 12 Uhr zu einer Demo am Alten Markt gegen die Abschaffung des Sozialtickets aufgerufen. „Es ist Zeit für neue sozial gerechte Mobilitätskonzepte, wie etwa einen solidarisch finanzierten fahrscheinlosen ÖPNV. Das wäre sozial gerecht und entlastet die Umwelt“, sagt Susanne Herhaus, sozialpolitische Sprecherin der Linken.

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