Gesundheit Wie lange bleiben Corona-Bürgertests noch kostenfrei?

Etwa bei einem Besuch im Seniorenwohnheim oder im Krankenhaus wünschen sich viele Gewissheit über eine mögliche Infektion. Doch die Corona-Schnelltests sind für den Staat ein teures Unterfangen.

Die Corona-Schnelltests geben vielen ein sicheres Gefühl um beispielsweise an Veranstaltungen teilzunehmen.

Die Corona-Schnelltests geben vielen ein sicheres Gefühl um beispielsweise an Veranstaltungen teilzunehmen.

Foto: dpa/Tom Weller

Bund und Länder ringen um das weitere Angebot kostenloser Corona-Schnelltests im Sommer und Herbst. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) peilt an, die vorerst bis Ende Juni vom Bund finanzierten „Bürgertests“ stärker einzuschränken.

Aus den Ländern und von Sozialverbänden kamen zu einer Gesundheitsministerkonferenz mit Lauterbach am Mittwoch Rufe nach Gratis-Tests weiterhin an vielen Orten. Bei den Vorbereitungen auf eine mögliche neue Ansteckungswelle im Herbst wird außerdem über nötige strengere Vorgaben wie Maskenpflichten diskutiert.

Bayerns Ressortchef Klaus Holetschek (CSU) sprach sich dafür aus, an kostenlosen Bürgertests für Besucher in Kliniken und Pflegeheimen festzuhalten. In einer Pandemie sei der Schutz des Lebens das zentrale Thema und nicht die Frage der Finanzierung von Ausgaben, sagte er vor Beginn der Konferenz in Magdeburg. „Ich möchte nicht, dass zum Beispiel Besucher von Alten- und Pflegeheimen sagen, ich besuche meine Oma nicht, weil ich mir den Test nicht mehr leiste.“ Holetschek plädierte dafür, den Personenkreis für Bürgertests insgesamt „eher weiter als enger“ zu fassen. Die Länder beteiligten sich erst einmal nicht an den Kosten, das machten sie schon bei Impfzentren.

Lauterbach sagte am Dienstagabend in der ARD-Sendung „Maischberger“, die Länder wollten weiterhin Tests, sie wollten aber nicht bezahlen. Darüber müsse verhandelt werden. Er finde Tests auch richtig. Das Angebot müsse aber „etwas eingeschränkter“ sein und eine bessere Qualitätskontrolle umfassen. Der Minister verwies auch auf eine Vorgabe des Haushaltsausschusses des Bundestags, wonach der Bund nur weiterhin zahlen solle, wenn die Länder einen Teil der Kosten tragen. Beim Bund sind dafür inzwischen Milliardenkosten angefallen.

Der FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein sagte: „Ein Weiter-so wie bisher wird es bei den Bürgertests nicht geben.“ Infektionsschutz und Pandemiebekämpfung seien in erster Linie Aufgabe der Länder, das gelte auch für die Finanzierung. Der Bundesrechnungshof habe darauf wiederholt hingewiesen und Kostenbeteiligung der Länder gefordert.

Nach einem Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums sollen nur noch Menschen mit Symptomen für Gratis-Tests infrage kommen, dazu andere ausgewählte Gruppen wie Kleinkinder und Schwangere. Konkret genannt werden in einem Papier zur „Corona-Herbststrategie“, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, zudem präventive Tests in Kliniken und Pflegeheimen, bei einer sich ausbreitende Infektionslage in „Hotspots“ sowie für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Zuvor hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland darüber berichtet.

Nach den bis Ende Juni geltenden Regeln haben alle ohne Anlass oder Symptome Anspruch auf mindestens einen Schnelltest pro Woche an Teststellen durch geschultes Personal und mit einer Bescheinigung. Wie es im Ministeriumspapier weiter heißt, soll eine gut erreichbare Test-Infrastruktur auch in Apotheken erhalten bleiben. Durch mehr Kontrollen solle zudem Abrechnungsbetrug zurückgedrängt werden.

Der Sozialverband VdK warnte, es wäre fahrlässig, nur eingeschränkt kostenlose Bürgertests anzubieten. Die Infektionszahlen seien schon jetzt hoch und würden sicherlich weiter steigen. „Ohne Bürgertests kann das Pandemiegeschehen kaum gemessen werden“, sagte Präsidentin Verena Bentele. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte in der „Rheinischen Post“, es dürfe keinen Kahlschlag bei kostenlosen Tests geben. „Präventiv-Testungen auf Krankenhäuser und Pflegeheime zu begrenzen, schließt allein 3,2 Millionen Pflegebedürftige, ihre Angehörigen und Pfleger aus.“

Anlässlich der zweitägigen Gesundheitsministerkonferenz geht es auch um gesetzliche Regelungen für den Herbst. Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, derzeit seien Erkrankungsverläufe überwiegend leicht. „Viele Betroffenen merken es nicht einmal.“ Deshalb könnten höhere Infektionszahlen allein nicht Grundlage für Maßnahmen sein, „etwa für eine erneute Maskenpflicht“.

Die oppositionelle Union forderte für den Herbst auch genauere Daten zur Immunität in Deutschland, um eine mögliche Lücke durch gezielte Impfkampagnen zu schließen. Bis heute sei unklar, wie groß sie nach Impfungen und durchgemachten Infektionen wirklich sei, heißt es in einer Erklärung der Gesundheitspolitiker von CDU und CSU. Daher sollten rasch eine repräsentative Antikörperstudie gemacht und ein datenschutzkonformes, unbürokratisches Impfregister errichtet werden. Zu der seit März greifenden Corona-Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken und Pflegeheimen solle dem Bundestag bis 30. September eine Auswertung vorgelegt werden. Die Bundesregierung müsse zudem klären, ob diese Impfpflicht noch über den 31. Dezember hinaus gelten soll.

(dpa)
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