Neue Diskussion ums Turbo-Abitur

Schuldezernentin spricht von guter Lösung, Passanten sehen das anders.

Neue Diskussion ums Turbo-Abitur
Foto: dpa

Neuss. Nach wie vor gibt es Streit um das „Turbo-Abitur“ nach zwölf Jahren. Schulministerin Sylvia Löhrmann, selbst Verfechterin von G 8, hat gestern zu einem Runden Tisch mit Befürwortern und Gegnern der verkürzten Schulzeit geladen. In Neuss ist es wie in den übrigen Kommunen so, dass auf den Gymnasien das Abitur nach acht Jahren, auf den Gesamtschulen nach neun Jahren abgelegt wird.

Das hält Schuldezernentin Christiane Zangs (Foto) denn auch für eine gute Lösung. Vor einiger Zeit hat die Stadt auf Anweisung des Schulministeriums die Schulleiter aller Gymnasien um ihre Meinung gebeten. Die war einhellig: „Alle Gymnasien wollten bei der G 8-Lösung bleiben“, sagt Christiane Zangs. Die Schulleiter hätten die Lehrpläne zum Teil selbst entschlackt.

Allgemeiner Tenor war: Zwar lief die Umstellung Holterdipolter, jetzt aber wollen die Schulen in Ruhe arbeiten. Die Schuldezernentin, die auch Vorsitzende des Bildungsausschusses des Städtetags ist, ergänzt, es gebe für Eltern ja auch die Wahlmöglichkeit zwischen Gymnasien und Gesamtschulen, die mit dem G 9-Modell arbeiteten. Und auch die neuen Sekundarschulen führten Schüler schließlich bis zum Abitur — ebenfalls in neun Jahren.

Bei einer Blitzumfrage auf dem Markt sprechen sich allerdings alle Befragten gegen das G 8-Modell aus. „Ich wünsche mir G 9 zurück. Das Abitur nach zwölf Schuljahren ist zu stressig. Man hat keine Freizeit mehr“, sagt die Schülerin Sophie (17).

Besorgt zeigt sich eine Lehrerin, die selbst Kinder im Grundschulalter hat. Das G 8-Modell setze die Schüler zu sehr unter Druck, meint sie. „Viele sind überfordert. Für meine Kinder wünsche ich mir G 9 zurück“, sagt die Pädagogin, die ihren Namen nicht nannte.

Wenig Begeisterung zeigt auch Schüler Moritz (16) für das Turbo-Abitur. „Ich finde das neue Modell echt nicht gut. Es bringt nicht so viel, wenn man seine Schulzeit schon mit 17 Jahren beendet. Man ist beispielsweise zu jung, um sich eine Wohnung zu nehmen“, sagt er.

Differenzierter betrachtet die Auszubildende Sabrina Hammermann (22) das Thema. „Das kommt sicherlich auf die Person an. Einige legen bestimmt nicht so viel Wert darauf, ein Jahr früher mit der Schule fertig zu sein und sich dafür so unter Druck zu setzen. Anderen könnte dieses Jahr aber auch nutzen“, erklärt sie.

Anika Elter schlägt einen Kompromiss vor: „So wie es jetzt ist, finde ich es nicht gut. Das Turbo-Abitur bedeutet zu viel Stress für die Kinder. Ich wünsche mir für meinen Sohn die Rückkehr zu G 9 oder eine abgespeckte Variante des Lehrplans im G8-Format“, sagt sie.

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