Dormagen: „Pfusch am Bau“ - Deichanlage bietet keinen Schutz bei Hochwasser

Nachdem Ende Januar Risse im Mauerwerk festgestellt wurden, urteilt jetzt ein Sachverständiger, dass die Wand bei Extrem-Hochwasser nicht standhält.

Dormagen. "Bisher haben wir nicht gewusst, wie schlimm die Situation ist", sagt Deichgräf Artur Auweiler. Er sei bestürzt über die Entwicklungen in Sachen Hochwasserschutzmauer.

Die Anlage in Stürzelberg hat bei extremem Hochwasser keine Standsicherheit. Das hat jetzt ein vom Deichverband eingeschalteter Sachverständiger belegt. Wenn die Mauer bei Hochwasser nicht hält, sind rund 16 000 Menschen betroffen. Es sei gepfuscht worden, so Auweiler.

Nachdem ein Mitglied des Verbands bei einer Routineuntersuchung am 31. Januar starke Risse in der Mauer entdeckt hatte, wurden Ende April bereits erste Mängel in der Bausubstanz festgestellt.

Insbesondere seien die Bastione, die Verbindungselemente etwa zwischen Mauer und Glaswand, betroffen. "Sie sind komplett ohne Bewehrung gegossen und können somit kaum Zugkräfte aufnehmen", so der Deichgräf.

Außerdem seien die Spundwände, die das Hochwasser abhalten sollen, etwa 1,5 Meter zu niedrig. Ein drittes großes Problem stellten die in der Mauer längs verlegten Metall-Profile dar. Sie sind miteinander verschweißt, daher fehlen wichtige Dehnungsfugen. "Die Risse könnten daher auf die lange Kälteperiode im vergangenen Winter zurückzuführen sein", vermutet Auweiler.

Vergangenen Mittwoch hat die Bezirksregierung im Einvernehmen mit dem Deichverband eine Ordnungsverfügung erteilt. Bis zum 31. Oktober, dem statistischen Stichtag, an dem die Herbst-Hochwässer beginnen, muss der Deichverband die nötige Sicherheit für die Anwohner gewährleistet haben.

Der Plan: Die Bastione werden abgebrochen und mit bewehrtem Beton neu gegossen. Desweiteren müsse über Notlösungen für ein eventuelles Extrem-Hochwassernachgedacht werden.

Ein Beispiel wären Sandsack-Pyramiden, die die Glaswände abstützen könnten. Genaueres werde noch bekannt gegeben. Eine umfassende Sanierung der Anlage sei nötig, werde aber länger dauern und keinesfalls bis zum Herbst erfolgen können, betonen Deichgräf und Verbands-Geschäftsführer Eduard Breimann.

Über die Kosten könne ebenfalls nur spekuliert werden. Am Donnerstag (30.7.) treffen sich der gerichtliche Gutachter, Gutachter und Anwalt des Verbands sowie der Geschäftsführer des Verbands zu einem Gespräch. Sie wollen überlegen, inwiefern sich die massiven Baufehler in das laufende Beweissicherungsverfahren integrieren lassen, das bereits seit 2004 läuft.

Zum Hintergrund: 2004 galt die Sanierung als abgeschlossen. Wie die WZ berichtete, waren aber neben den Fehlern in der Schlussrechnung, die zu einer Rückforderung des Landes von Zuschüssen in Höhe von 390 000 Euro führten, damals bereits Mängel am Mauerwerk festgestellt worden.

Die Mauer wurde vor die Spundwände gesetzt und der Zwischenraum mit Beton ausgefüllt. Wegen optischer Mängel an der Mauer - in den Fugen wuchsen Moose und kleinere Pflanzen - wurde von Seiten des Deichamtes ein Beweissicherungsverfahren gegen die Errichterfirma und das Planungsbüro eingeleitet.

Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger untersuchte daraufhin die Mängel um deren Ursache zu ermitteln. In einem vorliegenden Gutachten kommt er zu der Erkenntnis, dass die Mauer sowohl handwerkliche als auch planerische Fehler aufweist, die aber lediglich das Außenbild betreffen.

Erst durch die Risse Anfang dieses Jahres und die darauf folgenden Stichproben kamen größere Baufehler zum Vorschein. Das Beweissicherungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

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