Belastungen in Mönchengladbach Dicke Luft über Gladbach?

Mönchengladbach. · Weniger Feinstaub, weniger Stickoxid, weniger Schadstoffe allgemein: Die Luft in der Stadt hat sich den Messwerten zufolge stetig verbessert. Mediziner Andreas Meyer hält sie dennoch für problematisch.

  Symbolfoto: Jana Bauch

Symbolfoto: Jana Bauch

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Am 1. Januar um 10 Uhr morgens hatten wahrscheinlich nicht nur die meisten Feiernden mit den Folgen der Silvesternacht zu kämpfen. Die Luft in Mönchengladbach war zu diesem Zeitpunkt so stark mit Feinstaub belastet wie sonst nie. Die Messstation an der Friedrich-Ebert-Straße in Rheydt erreichte zu diesem Zeitpunkt einen Wert von 109 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft. Das ist aufgrund des Silvesterfeuerwerks nicht überraschend, und für die Stadt auch kein außerordentlicher Grund zur Beunruhigung: „Dieser Wert wird auf den Jahresmittelwert keinen nennenswerten Einfluss haben. Er stellt einen von 35 zulässigen Überschreitungstagen dar“, teilt der Fachbereich Umwelt auf Nachfrage mit. Tatsächlich dauerte es rund 24 Stunden, bis sich die Belastung in der Luft wieder normalisiert hatte.

Insgesamt bewertet die Verwaltung selbst die Luftqualität in der Stadt als gut. Beim Feinstaub galt die Friedrich-Ebert-Straße lange als Problemstelle, doch auch dort ist wie an den anderen beiden Messtellen an der Düsseldorfer Straße (die ist inzwischen sogar abgebaut worden) und der Hubertusstraße der gemessene Jahresmittelwert deutlich gesunken. 2019 wurde der zulässige Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft an zehn Tagen überschritten – einer weniger als 2018. 2011 waren es noch 42 Überschreitungstage gewesen. An der Hubertusstraße gab es bis Ende Oktober 2019 vier Überschreitungstage, im ganzen Jahr 2018 waren es ebenfalls vier.

Bei Stickoxiden hatte die Stadt die Problemzone Aachener Straße in Holt bereits 2018 in den Griff bekommen. Damals wurde der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft erstmals und auch nur ganz knapp eingehalten. Nach vorläufigen Daten des Landesumweltamtes (LANUV) könnte es bis Ende des dritten Quartals eine weitere leichte Verbesserung gegeben haben. Die vorläufigen Mittelwerte wurden vom 7. Februar bis 29. April leicht überschritten (im Februar mit 45,2 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sogar deutlich), in den Folgemonaten allerdings sank diese Belastung auf 30 bis 36 Mikrogramm – also deutlich unter den Grenzwert.

Feinstaub stammt auch aus dem Tagebau selber, sagt der Mediziner

Die endgültigen Ergebnisse erwartet der Fachbereich Umwelt für Ende Februar. Die anderen beiden Messstationen an der Friedrich-Ebert-Straße (27 Mikrogramm) und an der Hubertusstraße (21 Mikrogramm) waren 2019 unauffällig, wie das LANUV in der vergangenen Woche mitteilte. Gut möglich, dass der Lkw-Blitzer an der Aachener Straße Wirkung zeigt: Von Januar bis Ende September 2019 wurden 1385 Falschfahrer dort geblitzt, was 143 347 Euro an Bußgeldern einbrachte.

Beim Ozon machte sich der Rekordsommer 2019 bemerkbar: An sechs Tagen wurde der Schwellenwert von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten. Das bedeutet, dass dann die Bevölkerung informiert werden muss. Die Stadt spricht beim Ozon von einer hohen Fernwirkung – das Wetter ist schlecht lokal beeinflussbar. „Verbesserungen können nur in überregionalen, nationalen und internationalen Verbünden erreicht werden“, so das Rathaus.

Etwas anders beurteilt Mediziner Andreas Meyer die Luft in Mönchengladbach aus seiner Erfahrung. „Ich merke an meinen Patienten, dass die Luft in der Region schlecht ist“, sagt Meyer, Chefarzt der Pneumologie der Kliniken Maria Hilf. Das Rheintal, führt der Lungenspezialist aus, sei hochbelastet. „Wenn ich von Norden komme, gibt es hinter Münster eine Stelle, wo man richtig sehen kann, dass eine Dunstglocke über dem Ruhrgebiet und dem Rheintal hängt.“ Die westlichen Winde bliesen die Emissionen aus niederländischen und belgischen Industriegebieten herüber, der enorme Verkehr trage dazu bei, aber auch die Braunkohle. „Der Feinstaub stammt nicht nur aus den Kraftwerken, sondern direkt aus dem Tagebau“, sagt Meyer. Die Luftqualität macht einen gesunden Menschen nicht krank, aber: „Wer schon Atemwegsprobleme hat, beispielsweise unter COPD, der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, leidet, reagiert auf die Belastung“, erklärt der Spezialist. „Viele Patienten stellen eine erkennbare Besserung ihrer Beschwerden fest, wenn sie sich in Reinluftgegenden wie der Nord- oder Ostsee aufhalten. Sie benötigen dann deutlich weniger Medikamente.“ Zahlen liegen nicht vor, aber sein persönlicher Eindruck sei, dass COPD und andere Atemwegserkrankungen in Mönchengladbach sehr häufig auftreten.

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