Willicher Ortslandwirt beklagt sich Warum die Bauern aus dem Kreis protestieren

Willich/Bonn. · Die Bauern suchen das Gespräch und gehen dafür auf die Straße. Der Willicher Ortslandwirt Helmut Oellers blickt auf die aktuelle Situation seiner Kollegen und die Demonstrationsfahrten nach Bonn und Münster.

 Auch aus dem Kreis Viersen fuhren in der vergangenen Woche Landwirte mit ihren Traktoren zum Umweltministerium in Bonn.

Auch aus dem Kreis Viersen fuhren in der vergangenen Woche Landwirte mit ihren Traktoren zum Umweltministerium in Bonn.

Foto: Ja/Norbert Prümen (nop)

„Wir werden von der Politik fremdbestimmt, werden nicht gehört und nicht geschätzt.“ So lautet das Fazit, das Helmut Oellers nach den letzten Äußerungen von Bundesumweltministerin Svenja Schulze zieht, die der Landwirtschaft die Alleinschuld für diverse Umweltprobleme gebe, so Oellers. Man könne keine Landwirtschaft mit Verboten und Verordnungen umsetzen, die von Theoretikern und Nicht-Fachleuten aufgrund falscher Vorgaben vorgelegt würden, findet der Willicher Ortslandwirt.

Die Landwirte machten auf ihre Situation aufmerksam: mit Demonstrationsfahrten zum Bundesumweltministerium in Bonn samt Gespräch sowie zur Parteizentrale der SPD in Münster, wo Schulze allerdings Gespräche verweigerte und wo seitdem von Landwirten eine Mahnwache eingerichtet wurde, die so lange dauern soll, bis Schulze zu einen Dialog bereit ist. „Wir möchten einen Mitarbeiter des Ministeriums in unserer Gruppierung ,Land schafft Verbindung’ begrüßen. Wir sind die Praktiker und wissen, was umsetzbar ist und was nicht. Über Maßnahmen muss gesprochen werden. Austausch ist wichtig, sonst bleiben wir auf der Strecke“, betont Helmut Oellers.

Er moniert unter anderem, dass die neue Düngeverordnung in Zeiten von Corona unauffällig durchgebracht worden sei. „Die letzte Düngeverordnung wurde 2017 eingebracht. Man wartet deren Ergebnisse gar nicht ab, und jetzt geht es wieder von vorne los. Man muss den Maßnahmen Zeit lassen, um zu sehen, was sie bewirken, bevor der nächste Schritt gemacht wird“, sagt Helmut Oellers.

Für etliche der bereits bestehenden Vorschriften hat der Ortslandwirt kein Verständnis. Ein Beispiel: Das Beizen von Rübensaat gegen Schadinsekten im Boden ist nicht mehr erlaubt. Dafür müssen die Landwirte jetzt spritzen, und das vermehrt, um das gleiche Ergebnis zu erzielen. Dabei sei die Rübe eine Pflanze, die nicht von Bienen und Co. bestäubt werde. Daher gehe keinerlei Insektengefährdung von der Bodenzugabe aus. „Das scheint aber den Theoretikern am Grünen Tisch nicht bekannt zu sein. Anders ist diese unsinnige Maßnahme nicht zu erklären“, sagt Oellers und spricht davon, dass die Hetze gegen die Landwirte immer weiter gehe.

„Wir fragen uns: Was will unser Land? Sollen Nahrungsmittel nur noch im Ausland produziert werden, und das längst nicht unter solchen Auflagen, wie sie in Deutschland bestehen? Wir wollen Nahrungsmittel für die Bürger produzieren. Wie wichtig eine regionale Produktion ist, hat sich gerade in Zeiten von Corona gezeigt, und das nicht nur für die Landwirtschaft“, sagt Oellers. Der Ortslandwirt fragt, was gewesen wäre, wenn die Grenzen komplett geschlossen worden wären und keine Lebensmittel mehr aus dem Ausland nach Deutschland transportiert worden wären. Dabei ist regionale Ware gefragt, wie die Corona-Krise zeigt: Die Hofläden der landwirtschaftlichen Betriebe hatten einen erhöhten Zulauf von bis zu 50 Prozent.

Doch regionale Ware könne nur produziert werden, wenn die Bedingungen stimmen – und das sowohl für die Landwirte als auch für die Natur. Dass dies funktionieren kann, steht für Helmut Oellers außer Frage. „Wir würden auch Blühstreifen über mehrere Jahre anlegen und liegen lassen. Aber wie sollen wir das machen, wenn wir nur Pachtverträge über ein Jahr erhalten?“, fragt er. Und die neue „Hygienisierung“ der Landwirtschaft, so Oellers, habe ebenfalls massive Auswirkungen auf den Insektenbestand. Der klassische Misthaufen muss beispielsweise mit Plastikfolie abgedeckt werden. Die Folge: Insekten können dort nicht mehr leben und sich vermehren.

Kontinuierlich strenger werdende Auflagen, Schuldzuweisungen, die auf falschen Daten beruhten, dazu die Wetterextreme, die einen ertragreichen Anbau in der gewünschten guten Qualität immer schwieriger machten, und die Tatsache, dass in Zeiten von Corona Lebensmittel wie Kartoffeln nicht verarbeitet und in Biogasanlagen weit unter ihrem Herstellungskosten entsorgt werden – in der Landwirtschaft mache sich Resignation breit, sagt Oellers. Andere Aspekte müssten auch in den Fokus rücken: der Flächenverbrauch als solcher, die Lichtverschmutzung, der Flug- und Autoverkehr, die Schottergärten, die Mobilfunkstrahlung. Die Landwirte fordern einen Natur- und Umweltschutz, der dies alles berücksichtigt und nachhaltig für Natur, Umwelt, Gesellschaft und landwirtschaftliche Betriebe ist, sagt Oellers.

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