Kempen analog und digital Der Wahlkampf läuft – so oder so

Kempen · Vor der Stichwahl in Kempen betonen Philipp Kraft und Christoph Dellmans Fairness und Sachlichkeit – in der digitalen Welt mancher Unterstützer siehtes etwas anders aus.

 Christoph Dellmans führte am Freitag auf dem Buttermarkt viele Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern.

Christoph Dellmans führte am Freitag auf dem Buttermarkt viele Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Am 27. September, vermutlich gegen 19 Uhr, sind wir alle schlauer. Dann wird feststehen, wer Kempens neuer Bürgermeister wird. Entweder es wird Philipp Kraft (CDU), der im ersten Wahlgang 44,6 Prozent der Stimmen geholt hat. Oder es wird der parteilose Christoph Dellmans, der von SPD und Grünen aufgestellt worden ist sowie von Linken und ÖDP-BIKK (siehe Kasten) unterstützt wird. Bis zum Stichwahltag am nächsten Sonntag gilt es nun für Kraft und Dellmans, möglichst alle ihre Wähler noch einmal zu motivieren und möglichst viele hinzuzugewinnen. Dazu läuft nun noch ein paar Tage der Wahlkampf auf Hochtouren. Die WZ hat sich in den vergangenen Tagen einen Eindruck von den Wahlkämpfen beider Lager gemacht – vor Ort auf dem Buttermarkt und in den sogenannten Sozialen Medien.

Ob es am vereinbarten Pressetermin lag, ist offen: Aber es waren eine ganze Reihe von Freunden und Unterstützern, die am Freitag auf dem Buttermarkt für und mit Philipp Kraft warben. Mehrere Ratsmitglieder waren da und auch Altbürgermeister Karl-Heinz Hermans und seine Frau Resi sagten kurz Hallo. Sogar das frühere CDU-Urgestein Rudi Alsdorf, Vater von FWK-Kandidat Georg Alsdorf, wünschte Kraft im Vorbeigehen viel Erfolg.

„Ich spüre weiterhin großen Rückhalt aus der ganzen Mannschaft. Die Stimmung ist gut und die Motivation hoch“, so Kraft. „Es geht jetzt einfach darum, so viele Unterstützer wie möglich zur Wahl zu motivieren.“ Daher werde er in den kommenden Tagen möglichst viel Präsenz zeigen – in allen Stadtteilen, so Kraft. So gab es am Donnerstagabend einen „Offenen Treff“ im Vereinsheim des VfL Tönisberg.

Beide Kandidaten betonen Sachlichkeit und Fairness

Das Bergdorf könnte bei der Stichwahl besonders wichtig werden. Schließlich holte FDP-Kandidat Cedric Franzes in den Tönisberger Wahlkreisen mit 12,4 bzw. 16,7 Prozent seine mit Abstand besten Ergebnisse. Und nun unterstützt Franzes den CDU-Kandidaten Kraft. Eine gezielte Kampagne in einzelnen Wahlkreisen werde es aber nicht geben, so Kraft. „Es geht darum, möglichst viele Menschen in allen Stadtteilen zu erreichen.“

Von Kraft am Georgsbrunnen zu Dellmans zwischen Thelen-Baukran und Rathaus. Dort stand der parteilose Kandidat am Freitag während des Wochenmarktes. Und mit ihm ins Gespräch zu kommen, war gar nicht so einfach. „Ich wünsche viel Glück“, „Ich drücke die Daumen“, „Sie können Geschichte schreiben“ – einige Bürger wollten mit Dellmans reden und ihm Zuspruch geben. „Ich erfahre weiterhin eine große Rückendeckung“, so der Kandidat.

So wie Kollege Kraft stellt auch Dellmans heraus, „dass es nun darum geht, so viele Menschen wie möglich zu mobilisieren“. Inhaltlich sei soweit alles ausgetauscht. „Jetzt geht es wirklich um die Überzeugung der Menschen, zu dieser Stichwahl zu gehen“, so der Sprecher der Stadt Kempen. Ohnehin sei ihm daran gelegen, dass die Wahlbeteiligung möglichst hoch ist. „Wen auch immer man dann wählt. Aber eine hohe Wahlbeteiligung wäre aus demokratischer Sicht ein tolles Signal für Kempen.“

Bei allem Kampf um jede Stimme sind es insbesondere Begriffe wie Sachlichkeit und Fairness, die sowohl Dellmans als auch Kraft im WZ-Gespräch auf dem Buttermarkt verwendet haben. Zwei Begriffe, mit denen manch Aktiver im sogenannten Sozialen Netzwerk Facebook offenbar wenig anfangen kann. In der Gruppe „Du kommst aus Kempen, wenn...“ tobt seit Montag eine hitzige Debatte. Zunächst bekam Cedric Franzes eine Menge Kritik ab. Ein FDP-Vertreter werde „mal wieder zum Steigbügelhalter der CDU“, schreibt ein User. Franzes drehe sich nun wie „ein Fähnchen im Wind“, finden einige weitere Dellmans-Unterstützer.

VT-Vorsitzender übt harsche Kritik an Franzes und Kraft

Darunter auch Detlev Schürmann, Vorsitzender der Vereinigten Turnerschaft (VT). Schürmann gehört zu den engeren Unterstützern des parteilosen Dellmans. Er hat Standwerbung für den Parteilosen gemacht und ist auf Werbefotos zu sehen. Die Pro-Kraft-Position von FDP-Mann Franzes kommentiert Schürmann bei Facebook unter anderem mit folgenden Worten: „Wenn wundert es! Früher sagte man Kaderpartei!“

Und auch Philipp Kraft bekommt in der laufenden Facebook-Debatte von Schürmann seit Fett weg. Auf die Frage, warum Kraft denn nicht „der richtige Mann“ sei, antwortet der VT-Vorsitzende: „Weil ständig auf der Suche nach einem besseren Pöstchen! Mal auf die Vita schauen! Das hilft!“ Und weiter: „Allerdings ist Herr Kraft auch nicht im leitenden Management tätig, sondern auf mittlerer Ebene. Da ist ein Bürgermeisterjob durchaus lukrativ!“ Eine Aussage in Bezug auf den derzeitigen Job von Kraft im Personalmanagement des US-Konzerns 3M.

Auch an Christoph Dellmans wird in der Gruppen-Debatte unsachliche Kritik geübt. So wird er zum Beispiel mit einem „Karnevalsprinzen“ verglichen. Die Anti-Kraft-Posts sind in zwei Debatten, die sich die WZ genauer angeschaut hat, aber in der Überzahl.

Auf die Aussagen bei Facebook angesprochen ging Christoph Dellmans ganz klar auf Distanz. „Das ist nicht mein Stil. Ich stehe für einen fairen und sachlichen Wahlkampf. Ich kann nur alle meine Unterstützer dazu aufrufen, fair zu bleiben“, so Dellmans. „Die Sachlichkeit, die im Wahlkampf auf den Straßen und Plätzen vorherrscht, muss auch im Internet gelten.“

Für Philipp Kraft sind einige Aussagen in den Sozialen Medien „nicht mehr nachvollziehbar“. „Ich finde das schlimm und gucke mir ehrlicherweise gar nicht mehr alles an“, sagt der CDU-Kandidat. „Da werden Unwahrheiten verbreitet. Und es wird eine Menge Gift in den Wahlkampf gebracht.“ Das habe keiner der Kandidaten, die für den Posten des Bürgermeisters angetreten sind, verdient. Ebenso wenig werde diese „Stimmungsmache“ den vielen ehrenamtlichen Kommunalpolitikern gerecht, die sich für Kempen engagieren – „völlig egal, welcher Partei sie angehören“.

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