Bürgermeister vor dem Ruhestand Alles Gute, Herr Rübo!

Kempen · Am 31. Oktober endet die Amtszeit von Bürgermeister Volker Rübo. Am Dienstag erlebte er seine letzte Ratssitzung als Kempener Verwaltungschef.

 Aus den Händen von Vize-Bürgermeister Otto Birkmann bekam Volker Rübo (l.) am Dienstagabend zum Abschied und als Dank für seine Verdienste die Ratskanne der Stadt Kempen.

Aus den Händen von Vize-Bürgermeister Otto Birkmann bekam Volker Rübo (l.) am Dienstagabend zum Abschied und als Dank für seine Verdienste die Ratskanne der Stadt Kempen.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Am Ende seiner letzten Rede im Stadtrat wurde deutlich, welche Last da von Volker Rübo fällt. In bewegenden Worten, die ihn selbst kurz stocken ließen, dankte der Bürgermeister seiner Frau Irene: „Ich habe dir viel zugemutet. In meinem Kopf war meist der Dienst, der sehr viel Kraft gekostet hat. Du hast mir zugehört, du hast mir Ratschläge gegeben (...). Du hast mir die Leviten gelesen, wenn ich die Welt zu schwarz gesehen habe.“ Nun wird der Dienst bald Dienst sein. Ohne den ständigen Begleiter – den Dienst – freue er sich jetzt auf gemeinsame Urlaube, so Rübo: „Der Dienst fährt nie mehr mit und das fühlt sich richtig gut an.“

Nach elf Jahren als Bürgermeister und zuvor 13 Jahren als Beigeordneter bei der Stadt Kempen geht der 61-Jährige jetzt in den Ruhestand. Bis Ende Oktober ist er noch im Dienst. Dann übernimmt „sein“ jetziger Pressesprecher Christoph Dellmans das Amt des Bürgermeisters. In der ersten Ratssitzung der neuen Legislaturperiode soll der Parteilose vereidigt werden.

„Der Verwaltungsvorstand hat sich in jüngster Zeit personell verändert. Mein Nachfolger wird auf einen guten, neuen Verwaltungsvorstand treffen, der, so hoffe ich, trotz intensiver Diskussionen, die sich aus den unterschiedlichen Aufgaben und Rollen ergeben, letztlich aber pragmatisch, zielorientiert und geschlossen an einem Strang zieht“, so Rübo. Dellmans übernehme „eine Verwaltung, in der viele Positionen, gerade auch auf der Ebene der Amtsleitungen, neu besetzt worden sind“.

Es hat sich also in den vergangenen Monaten personell einiges zum Besseren verändert. Denn die interne Personalpolitik war vielleicht Rübos größtes Problem in den vergangenen Jahren. Auf der Ebene der Dezernenten mit Michael Klee und Stephan Kahl gab es Auseinandersetzungen, die Rübo nicht in den Griff bekommen hat. Diese Diskrepanzen und auch zahlreiche unbesetzte Stellen im Rathaus werden ihren Teil dazu beigetragen haben, dass richtungsweisende Projekte in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten sind.

Beim Schulcampus sei das Augenmaß verloren worden

Vorneweg das Projekt Schulcampus. „Bei der Schulsanierung der weiterführenden Schulen ist Zeit verloren gegangen. Nicht nur, weil das Augenmaß zeitweise verloren gegangen ist, sondern auch, weil – wie in allen Kommunen bundes- und landesweit – nicht nur bauliche Kernsanierungen vorzunehmen sind, sondern auch die Anforderungen, insbesondere in der digitalen Technik erheblich gewachsen sind“, so Rübo in seinem Rückblick. „Mit der umfassenden Analyse der Bausubstanz, der Erarbeitung der Raumprogramme und der Festlegung der Grundüberlegungen, die nun auf ihre Machbarkeit geprüft werden, sollte es jetzt zielgerichtet, Hand in Hand mit den Schulen vorangehen. Mit dem Holzmodulbau als dauerhaftes Schulgebäude wird ein erster großer Schritt getan.“ Der nächste wäre dann wohl ein Neubau auf dem Ludwig-Jahn-Platz, den Rübos Nachfolger im Wahlkampf stark infrage gestellt hat.

Bei allen Problemen in seiner Amtszeit darf man keinesfalls vergessen, dass sich Kempen in den elf Rübo-Jahren auch wegweisend verändert hat. Und zwar in eine Richtung, die andere Kommunen im Umland vor Neid erblassen lassen könnte. Aus dem kriselnden Krankenhaus ist ein Hospital geworden, das künftig für die Region unverzichtbar sein wird. Städtebaulich hat die Rübo-Verwaltung den Wandel vom alten Kreishaus zum Klosterhof begleitet und forciert. Im Süden wurde rund um die Kreuzkapelle ein weiteres Wohngebiet geschaffen, das vielen Kempener Familien, aber auch Neubürgern eine Heimat gibt.

Es sind wohl unter anderem diese Vorzeigeprojekte, die in Rübo die Frage aufgeworfen haben, woher die große Unzufriedenheit in unserer Gesellschaft – in Kempen – kommt. „Ich nehme wahr, dass viele Menschen, die aus anderen Städten nach Kempen ziehen und daher vergleichen können, sich in unserer Stadt sehr wohl fühlen und die Lebensqualität schätzen“, so Rübo in seiner Rede am Dienstag. „Es gibt aber leider auch die permanent Unzufriedenen, denen ich immer wieder geraten habe, sich einmal umzuschauen. Weit muss man dafür nicht fahren.“

Rübo will der Unzufriedenheit
auf den Grund gehen

In Vorbereitung seines Ruhestandes hat sich Rübo eine erste Aufgabe für die Nach-Bürgermeister-Zeit gesucht. „Ich werde der Frage nachgehen, warum es diese Unzufriedenheit gibt.“ Dazu zitierte er aus den Bestsellern „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ und „Homo Deus“ von Yuval Noah Harari. Darin heißt es unter anderem: „Gibt es etwas gefährlicheres als unzufriedene und verantwortungslose Götter, die nicht wissen, was sie wollen?“

Im Zusammenhang mit der Unzufriedenheit kam Rübo auch auf den Aspekt zu sprechen, dass Einzelinteressen – auch in Kempen – eine Verwaltung vor immer größere Herausforderungen stellen. „Jedes Anliegen hat seine Lobby, jedes Projekt ruft Bürgerproteste hervor. Es bereitet immer größere Mühe, die auseinanderdriftenden Interessen und wachsenden Ansprüche auszugleichen“, sagte der Bürgermeister. „Und ich gestehe, bei allem Verständnis für die Grundanliegen fiel es mir – insbesondere in den letzten Monaten – aufgrund der Rigorosität, der Kompromisslosigkeit und des maßlos überzogenen Forderungskatalogs einiger Interessensgruppen zunehmend schwer, sachliche Diskussionen zu führen.“

Ohne Zweifel waren die Flüchtlingskrise 2015 und die aktuelle Corona-Pandemie die größten Herausforderungen in Volker Rübos Amtszeit. Für die Flüchtlingskrise habe es keine Blaupause gegeben. Letztlich habe man diese Phase mit einem erheblichen Einsatz in der Verwaltung meistern können. „Natürlich litten darunter andere Projekte, die es aber nicht verdient haben, deshalb als Defizite in der Bilanz der letzten Jahre zu erscheinen.“

Ebenso herausfordernd sei die Phase seit dem Corona-Lockdown im März. Alle Bürgerinnen und Bürger, aber auch Verwaltung und Politik hätten Aufgaben zu lösen, an die man niemals habe denken können. Bei allen Problemen relativierte Rübo aber auch. Wenige Tage vor dem Lockdown habe die Stadt Kempen an die Befreiung von den Nazis vor 75 Jahren erinnert. Und daran, dass die Menschen vor dem Nichts standen. „Gegenüber dieser Not mit einer ungewissen Zukunft sind die Folgen der Pandemie trotz der großen Auswirkungen überschaubar.“

Nun dürften Rübo viele schöne und einige nicht so schöne Erinnerungen an seine Zeit als Erster Bürger der Stadt bleiben. Wie das eben so ist am Ende eines Lebensabschnitts. Als symbolträchtige Erinnerung bleibt ihm in jedem Fall die Kempener Ratskanne. Diese Ehrung wird Menschen zuteil, die sich in besonderem Maße um Kempen verdient gemacht haben. Zum Beispiel langjährige Ratsleute, aber auch Rübos Vorgänger in Bürgermeister- oder Stadtdirektorposition haben das gute Stück bekommen. Rübos Freund und Vertrauter Otto Birkmann durfte ihm die Kanne als letzte Amtshandlung übergeben. Denn auch Vize-Bürgermeister Birkmann geht in den politischen Ruhestand.

Mit der Kanne in der Hand erhielt Rübo dann „Standing Ovations“ von Ratsmitgliedern und Besuchern im PZ des Thomaeums. Bürgermeister Rübo geht, der Mensch Volker Rübo rückt nun in den Mittelpunkt. Alles Gute, Herr Rübo!

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