Kempen April-Scherz: „Klappt zu 50 Prozent“

Am Samstag ist der traditionelle Tag des Veräppelns. Aber wie steht es eigentlich um den Brauch am Niederrhein? Die WZ hat sich auf dem Kempener Buttermarkt umgehört.

Kempen. „Die Doppelstunde Mathe fehlt heute aus“ — ein Aprilscherz-Klassiker aus Schülertagen. Umso bitterer war es, als die Freude über die vermeintliche Freizeit jäh zerstört wurde: „April, April!“ Das In-den-April-Schicken gehört hierzulande zu den berühmtesten Bräuchen. Sogar Phantasiewesen wurden schon in den April geschickt. Prominentes Beispiel ist der Münchener TV-Kobold Pumuckl.

Aber wie halten es die Niederrheiner? Schicken sie in den April? Oder glauben sie, dass dieser Brauch keinen Platz mehr in unserer Welt hat? Das wollte die WZ gestern in Kempen wissen.

„Ja, früher. . .“ hieß es gestern oft an der Redaktion vor Ort am Buttermarkt, wenn man die Besucher am Rande des Wochenmarktes auf den besonderen Tag ansprach. „Bei mir ist es nie gelungen“, freut sich Marianne Rehnen heute noch. Am 1. April hatte sie ihre Ausbildung bei der Kreisverwaltung begonnen. Und wie viele andere Lehrlinge früher wurde sie in den April geschickt. Aber sie hat sich nie reinlegen lassen. „Es gibt immer wieder Menschen, die denken nicht nach“, wundert sie sich heute noch. Der April-Scherz habe immer viel Spaß gemacht. Wenn man sich mit den Arbeitskollegen gut versteht, kann man auch zusammen darüber lachen.

Auch Manfred Rehnen erinnert sich an manche Späße, die man mit Lehrlingen getrieben hat. Bei Bundeswehr oder Polizei mussten sich die Neulinge gerne mal eine „Seelenachse“ holen. Die Längsachse eines Waffenlaufs ist ja dann doch eher eine imaginäre Angelegenheit. Dass solche imaginären Gegenstände manchmal auch ganz schwer sei können, daran erinnert sich ein Kempener, der einen jungen Kollegen „Benzolringe“ holen schickte. Ein anderer Kollege war eingeweiht und gab statt der flüssigen organischen Verbindung einen Karton mit schwerem Stein mit, den der arme junge Mann quer über den Hof schleppen musste.

Auch „Ambossfett“ — damit das Eisen besser rutscht — war ein beliebter Gag, um Lehrlinge beim Schmied auflaufen zu lassen, erinnert sich ein Grefrather. Er findet April-Scherze gut, denn dadurch bleibt man aufmerksam. „Man muss überlegen, was der andere sagt.“

Viele Ältere erinnern sich auch daran, dass sie als Kinder in den April geschickt wurden oder selbst geschickt haben. „Wir haben das mit ihren Kindern immer gemacht“, erinnert sich eine Oedterin. „Du hast da was“ Oder: „Da ist jemand für dich am Telefon“ waren die kleinen Späße, mit denen man die Kleinen neckte.

Eine andere Oedterin erinnert sich an ihren Onkel, der eine eigene Tradition hatte. „Hecke-Stürkekes“ hieß, wenn die Kinder in die Hecke geschubst wurden. Dass das Thema in ihrer Generation durchaus noch vorkommt, hat sie auch bei ihrer Einladung zum Klassentreffen festgestellt. Das findet nämlich am Samstag statt und die Einladung enthielt den Hinweise: „Kein Aprilscherz“.

Mittlerweile werden auch moderne Kommunikationsmittel für den Ulk verwendet: „ Meine Enkel schicken mir Mails mit irgendeinem Blödsinn“, erzählt eine Kempenerin. Doch sie plant bereits Revanche. „Ich versuche es in der Familie“, sagt Stephanie Dickhoff. „Zu 50 Prozent klappt es.“

Franz-Josef Steggers antwortet auf die Frage, ob er noch in den April schickt, wie aus der Pistole geschossen: „Ja, selbstverständlich.“ Das mache er eigentlich in jedem Jahr. Hans-Dieter Mestrom dagegen hat mit dem Brauch nicht mehr viel am Hut. „Früher haben wir das schon gemacht. Das ist aber schon ein paar Jahrzehnte her.“ Ähnliches sagt auch eine Kempenerin im Vorbeischlendern. Sie müsse sich noch überlegen, ob sie die Tradition in diesem Jahr mal wieder aufleben lasse. „Dazu muss einem ja auch etwas Witziges einfallen.“

Gabriele und Walter Bökels entscheiden „ganz spontan“, ob sie Verwandte, Freunde und Bekannte an der Nase herumführen. „Es muss sich eine Situation bieten“, sagen die beiden Hülser.

Uwe Hochscheid aus St. Hubert dagegen möchte sich am Samstag einfach „einen schönen Tag“ machen. Sein klares Statement zum April-Brauch: „Ich werde nicht geschickt und ich schicke auch nicht.“

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