Aerochemica geprüft: „Kein Kindergeburtstag“

Die Firma mit Sitz in Kempen — Spezialist für das Befüllen von Spraydosen — hat von der Bezirksregierung Düsseldorf grünes Licht für den Betrieb ihrer erweiterten Anlage im Gewerbegebiet Am Selder erhalten.

Aerochemica geprüft: „Kein Kindergeburtstag“
Foto: Kurt Lübke

Kempen. Die große Prüfung fand an Altweiber statt. „Aber es war alles andere als eine Narrenveranstaltung“, betont Jörg Lüschow. Der promovierte Volkswirt aus Schiefbahn ist seit fünf Jahren Geschäftsführer der Aerochemica Dr. Deppe GmbH mit Sitz in Kempen. Nach der besagten, intensiven Prüfung durch Mitarbeiter der Bezirksregierung Düsseldorf hat die Firma grünes Licht für den Betrieb ihrer erweiterten Anlage im Industriegebiet Am Selder erhalten.

Damit geht für das Unternehmen, das sich auf das Befüllen von Spraydosen spezialisiert hat, ein umfangreiches Verfahren nach Umzug und Erweiterung zu Ende. Der Hintergrund: Aerochemica hat umstrukturiert, ist vom Hooghe Weg umgezogen und hat am neuen Standort wegen Kapazitätsengpässen seinen Betrieb erweitert. Unter anderem sind große Tanks für das Flüssiggas entstanden, das benötigt wird, um Spraydosen mit unterschiedlichen Inhalten zu füllen.

Jörg Lüschow Firmenchef

Die Bandbreite reicht von technischen- und Haushaltsprodukten bis zu Kosmetika und sogenannten Liquids für E-Zigaretten. Produziert wird für namhafte Kunden, die „Artikel des täglichen Bedarfs“ vertreiben, wie Lüschow es formuliert. Als Beispiele nennt er Autopflege- und Sonnenschutz-Sprays sowie Rasierschaum.

Es sei ein „komplexes Gewerk, verbunden mit einer enormen Sicherheitstechnik“, betont der Chef. Entsprechende Maßnahmen sind Alltag Am Selder 35a. So ist das Rauchen auf weiten Teilen des Areals verboten, in der Produktion haben zudem Handy nichts verloren — wegen der Funkengefahr. Hinzu kommt die Pflicht, spezielle Kleidung und Schuhe zu tragen.

Zurück zur Prüfung: Einen ganzen Tag lang hat sich Bernhard Lemke, Mitarbeiter des Dezernats Immissionsschutz bei der Bezirksregierung, zusammen mit zwei Kollegen Unterlagen und den Betrieb angesehen, mit den Verantwortlichen gesprochen, um zu kontrollieren, ob die umfangreichen in der Genehmigung festgelegten Auflagen auch umgesetzt und den Mitarbeiten vermittelt werden.

Besonders im Fokus stehen dabei die Sicherheit der Mitarbeiter und der Nachbarn. Das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren gilt in ganz Deutschland und findet seine Rechtsgrundlage im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Es dient dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge. Bestimmte Anlagen bedürfen demnach einer Genehmigung.

Lemke ist Physiker, aber die rein wissenschaftliche Seite seines Fachs hat ihn nie so sehr gereizt. Er versteht sich mehr als Techniker: „Für mich ist wichtig, einen Ausgleich zwischen den Anforderungen für die Genehmigungsfähigkeit und den Interessen der Firma zu schaffen. Dies ist mein gesetzlicher Auftrag, aber auch meine persönliche Motivation.“

Das soll nicht heißen, dass er einen solchen Abnahmetermin auf die leichte Schulter nimmt. „Hier wird Flüssiggas gelagert, damit wird im Betrieb gearbeitet. Das ist kein Kindergeburtstag. Da spielt das Thema Brand- und Explosionsschutz eine zentrale Rolle. Wichtig ist, dass die Vorschriften nicht nur zwischen den Aktendeckeln notiert sind, sondern dass die Chefs diese mit ihren Mitarbeitern auch besprechen und leben.“

Der Besuch aus Düsseldorf sprach die Genehmigungsunterlagen mit den Verantwortlichen der Firma Punkt für Punkt durch, ließ sich Tüv - und Schulungsprotokolle vorlegen, stellte Nachfragen. Es folgte ein Rundgang, durch die im Testbetrieb laufende Anlage.

Am Ende blieb es bei kleinen Hinweisen, die die Firma berücksichtigen und anschließend der Bezirksregierung dokumentieren muss. Lemke: „Detailabweichungen lassen sich nicht immer vermeiden, da der Antrag sich in der Praxis nicht immer so umsetzen lässt. Diese Änderungen sind aber im Vorfeld anzuzeigen — so wie bei Aerochemica geschehen.“ Daher gab es grünes Licht. Auch eine parallel laufende Umweltprüfung (u.a. Gewässerschutz) wurde bestanden.

Geschäftsführer Jörg Lüschow gibt heute zu, dass er und sein Team schon mit einer gewissen Anspannung in diesen für das Unternehmen so wichtigen Tag gegangen seien. „Aber wir hatten unsere Hausaufgaben gemacht.“ Im Nachhinein sei es ein sehr schöner Tag gewesen, der sogar Spaß gemacht habe.

Das Ende der Kontrollen ist das allerdings nicht. Es übernimmt künftig Lemkes Kollegin vom Dezernat Anlagenüberwachung - zur Sicherheit der Mitarbeiter und der Nachbarn.

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