Monheim Monheimer Ratssitzungen im Livestream

Monheim. · Mehr Transparenz in den politischen Entscheidungsprozessen sollte Rats-TV bringen. Laut der Stadt wird das Angebot gut angenommen, besonders das Archiv.

 Seit März letzten Jahres werden in Monheim Sitzungen aus dem Stadtrat und den Fachausschüssen live im Internet übertragen.

Seit März letzten Jahres werden in Monheim Sitzungen aus dem Stadtrat und den Fachausschüssen live im Internet übertragen.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Die Videoübertragungen von Sitzungen der Stadtratsgremien seien eine gute Entscheidung gewesen. „Wir fühlen uns in unserem Antrag auf eine Live-Übertragung der Ausschusssitzungen bestärkt“, sagt Alexander Schumacher (SPD). Die jüngste Sitzung des Hauptausschusses beispielsweise verfolgten 152 Bürger im Livestream, die meisten interessierten sich für die geänderte Entgeltordnung der Volkshochschule, berichtet Edgar Lenz, der das Projekt betreut. Die jüngste Planungsausschuss-Sitzung im April sahen sich 131 Bürger live an, die Sitzung des Jugendhilfeausschusses 51.

„Höher als die Zahl der Zugriffe auf den Livestream ist jedoch die auf das Archiv“, erklärt Stadtsprecher Thomas Spekowius. Teilweise erfolgten diese Zugriffe auch noch nach vielen Monaten, so dass die Zugriffswerte hier ständig stiegen, je länger die Sitzungen online seien. So wurden seit dem 11. April 524 mal einzelne Punkte der Tagesordnung des Planungsausschusses aufgerufen. Die Tagesordnungspunkte des JHA wurden 145 mal angeklickt.

Die höhere Nutzung des Archivs bestätigt auch eine statistische Aufstellung, die die Stadt im September 2018 auf eine Anfrage der CDU hin erstellt hatte: Nachdem Rats-TV im März auf Sendung gegangen war, folgten der ersten Sitzung des Planungsausschusses am 19. April 2018 79 Bürger, in den folgenden vier Monaten verzeichnete die Verwaltung 301 weitere Nutzer. Dabei fällt auf, dass das Interesse an Stadtratssitzungen höher ist als an Ausschusssitzungen. Offenkundig ist vielen Bürgern nicht bekannt, dass gerade in letzteren die Themen eingehend diskutiert werden, im Rat dagegen meist nur noch abgestimmt wird.

Für die Stadt ist aber ausschlaggebend, dass „die Zahl der Online-Zuschauenden um ein Vielfaches höher ist als die Anzahl der Menschen, die sich an einem Sitzungsabend tatsächlich für viele Stunden in den Ratssaal begeben, um dort vielleicht nur auf den einen einzigen Tagesordnungspunkt, zu warten der sie so richtig interessiert“, erklärt Spekowius. Mit der Bereitstellung des Livestreams und der Archivierung werde das Zustandekommen von Entscheidungen auf jeden Fall transparenter und barriereärmer für die Bürgerschaft. Er werde insgesamt sehr rege und deutlich messbar genutzt.

Dies deckt sich mit den Eindrücken von Alexander Schumacher (SPD): Er meint an vermehrten Anfragen, die ihn seitens der Bürger erreichen, ablesen zu können, dass mehr Menschen die Sitzungen per Internet verfolgen als früher persönlich anwesend waren. Selbst die Fraktionsmitglieder nutzten dieses neue Angebot, um einen Diskussionsverlauf nochmal nachzuvollziehen oder um Informationen aus Vorträgen aufzunehmen. Schumacher meint sogar beobachtet zu haben, dass Rats-TV Auswirkungen auf das Auftreten einzelner Mitglieder der Mehrheitsfraktion habe. Einige bezögen in ihren Anreden die Zuhörer an den privaten Bildschirmen ausdrücklich mit ein. Und während einige Peto-Ratsleute früher recht leger und sportlich gekleidet gewesen seien, trügen sie heute eher Jackett und Schlips.

Schumacher selber räumt ein, angesichts der erweiterten Öffentlichkeit seine Meldetaktik geändert zu haben. „Ich melde mich später im Diskussionsverlauf, um auf andere Äußerungen reagieren zu können – mit seinen zwei Redebeiträgen muss man sorgsam umgehen.“ Diese Methode sei geeignet, mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, das habe er sich bei Peto abgeguckt.

Im Archiv können einzelne Punkte in Debatten angesehen werden

„Natürlich kam ich früher als Studentin in Jeans und Turnschuhen in den Rat“, räumt Lisa Pientak (Peto) ein. Inzwischen sei sie aber berufstätig und ihr Weg führe nach dem Büro direkt in den Ratssaal. Deshalb das offizielle Outfit. Für sie sei es auch eine Frage der Höflichkeit, alle Zuhörer – anwesende und zugeschaltete – einzubeziehen. Sie findet, dass Rats-TV die politischen Entscheidungsprozesse auf jeden Fall transparenter machten. Sie könne Bürger, die das Zustandekommen einer Entscheidung hinterfragen, auf frühere Diskussionen und Statements verweisen. „Früher musste man mühsam die Protokolle heraussuchen, die eine Diskussion oft nur stark gekürzt wiedergaben.“ Rats-TV erleichtere auch den Informationsaustausch innerhalb der Fraktion, obwohl jede Sitzung vor- und nachbesprochen werde. „Die bloße Möglichkeit, sich alles anzusehen, schafft mehr Vertrauen“, findet Pientak. Allerdings geht sie davon aus, dass auch nach einem Jahr noch nicht alle Bürger dieses Online-Angebot kennen. Auch Schumacher plädiert dafür, Rats-TV mehr zu bewerben.

Markus Gronauer (CDU) verspürt keine größere Resonanz auf die Rats-Arbeit. „Die Leute, die sich jetzt für Kommunalpolitik interessieren, sind dieselben wie früher.“

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