Tagung im Textilmuseum: Den Nazi-Kunstsammlern auf der Spur

Neun Wissenschaftler haben sich in Krefeld getroffen, um sich über den Erwerb von Textilien für Museen in der NS-Zeit auszutauschen.

Andreasmarkt Linn; Textilmuseum, Archivfoto

Andreasmarkt Linn; Textilmuseum, Archivfoto

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Krefeld. Wer war Paul Prött? Was hatte Ernst Rank mit den Nazis zu tun? Das sind Fragen, auf die bei einer Tagung des Deutschen Textilmuseums (DTM) jetzt Antworten gesucht wurden. Neun Wissenschaftler haben sich dort zum Thema „Textile Erwerbungen und Sammlungsstrategien europäischer Museen in der NS-Zeit“ zusammengefunden und sich gegenseitig über den Stand ihrer Erkenntnisse informiert.

Und das ist etwas ganz Neues auf dem Gebiet der Provenienzforschung. Untersuchungen zu Kunstkonvoluten wie etwa bei Gurlitt gibt es genug. Aber der textile Bereich ist bislang ein weißer Fleck.

Und so wurde mit dieser Tagung Neuland betreten: „Wir haben einen Forschungszweig eröffnet“, sagt Annette Schieck und fügt hinzu: „Eine ernsthafte Stimmung hat sich durchgezogen.“ Dabei profitierten die Wissenschaftler jeweils von den Erkenntnissen der Anderen: „Jede Referentin und jeder Referent ist durch die Vorträge der andern auf etwas Neues gestoßen“, sagt Schieck. Sie hatte die Idee zu dieser Tagung, die als Teil eines auf fünf Jahre konzipierten Projektes des Museums ist. Als erstes steht nun die Sammlung Paul Prött auf dem Plan. Mit dessen Leben und seiner Sammlung befasst sich die wissenschaftliche Mitarbeiterin Uta-Christiane Bergemann.

Seine Sammlung von Trachten wurde 1943 vom Textilmuseum in Krefeld erworben — damit tauchen schon die ersten Fragen auf. Woher kam das Geld für den Erwerb? Immerhin 120 000 Reichsmark. Bergemann hat herausgefunden, dass weder das Museum noch die Stadt Geld für die Textilien ausgegeben haben. Hat er für die Nazis gekauft?

„Es ist eine Momentaufnahme“, sagte Bergemann, „wir sind mitten in den Forschungen.“ Der Leiter der Gewebesammlung in der Kriegszeit, Ernst Rank, war Parteimitglied und musste nach dem Krieg genau deswegen ausscheiden. Über die Vita des Malers Paul Prött konnte Bergemann auch einiges in Erfahrung bringen, aber es muss noch weiter geforscht werden, um das Geheimnis um den Erwerb der Sammlung zu lüften.

Alle Ergebnisse der Tagung sollen schriftlich zusammengefasst werden: „Die sind interessant genug, um es zu veröffentlichen“ sagte Schieck. Und für den weiterführenden Dialog soll ein fachlich interessierter Kreis gebildet werden. Angelpunkt: Das Deutsche Textilmuseum in Krefeld.

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