Hier dreht sich alles ums Grammophon

Seit er 17 Jahre alt ist, sammelt Michael Schmithuysen den Vorläufer des Plattenspielers.

Krefeld. Über einen unscheinbaren Garagenhof in der Krefelder Innenstadt gelangt man zu einer Tür, hinter der sich eine wirklich außergewöhnliche Sammlung verbirgt. Es ist das „Private Grammophonmuseum“, das Michael Schmithuysen bereits vor zwanzig Jahren gegründet hat. Über sechshundert Geräte hat der gebürtige Kempener bis heute zusammengetragen, dazu jede Menge tolles Zubehör. Das alles präsentiert er in den Räumlichkeiten auf liebevolle Art und Weise.

Der Besuch wird zu einer Art Zeitreise in eine Epoche, in der man Musik nicht einfach auf Knopfdruck konsumiert hat. Schmithuysen, der gelernter Schreiner ist, verdankt seine Leidenschaft der bekannten Radiosendung „Schellackschätzchen“. Die hatte der WDR von 1975 bis 2012 im Programm. Diese Begeisterung für die Musik aus der Swing-Ära führte fast zwangsläufig zum Interesse für die entsprechende Technik. „Auf einem Trödelmarkt in Holland habe ich mein erstes Grammophon gekauft“, erzählt er. Es war ein sogenanntes Reisegrammophon, das man leicht transportieren konnte. Im Alter von siebzehn Jahren fing er dann an, systematisch zu sammeln.

Schwerpunkt der Sammlung sind Geräte von deutschen Firmen, die in der Blütezeit des Grammophons, zwischen den beiden Weltkriegen, den Markt beherrschten. Dazu zählen die Deutsche Grammophon Gesellschaft, Klingsor, Adler und viele andere Namen. Auch eine ehemalige Krefelder Firma, Lenzen und Co., ist hier im Museum vertreten. Manche der vielen Firmen waren auch nur kurzzeitig tätig, und so ist Schmithuysens Sammlung eine nahezu lückenlose Dokumentation der deutschen Grammophon-Geschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Dabei wird auch sehr schön die technische Entwicklungsgeschichte sichtbar. Angefangen hat alles mit dem Phonographen, den Thomas A. Edison bereits 1878 entwickelt hat. Zehn Jahre später meldete Emil Berliner sein Patent für das erste Grammophon an. Als platzsparender und leichter zu reproduzierender Tonträger kam kurz danach die Schallplatte auf. Die ältesten Exemplare, die zunächst nur einseitig bedruckt waren, stammen aus dem Jahr 1898 und befinden sich in Schmithuysens Sammlung.

Eine besondere Kuriosität sind auch die kleinen Schallplatten aus Schokolade, die die Firma Stollwerck speziell für Kinder angefertigt hat. Die Grammophone für die jungen Musikfreunde wurden aus stabilem Blech gemacht. Schmithuysen hat ein ganzes Regal mit diesen Geräten gefüllt.

Zu einem Grammophon aus den 1920er Jahren gibt es eine nette Geschichte. Der Verkäufer hat Schmithuysen noch Fotos dazu gegeben, die seine Eltern als junges Paar bei einem Picknick mit eben diesem Gerät zeigen.

Beeindruckend ist die Vielfalt der Apparate und die dem Zeitgeschmack entsprechende optische Gestaltung. So geht die Entwicklung vom optisch dominanten und Trichter-Grammophon hin zu Geräten, die sich als unauffälliges Mobiliar integrieren ließen. Vom Jungendstil über das Bauhaus und bis in die 1940er Jahre hinein kann man anhand der handwerklich aufwendig gefertigten Grammophone auch die wechselnden Einrichtungsstile verfolgen. Skurril ist das als Ofen getarnte Exemplar oder der in einer Vasenform versteckte Lautsprecher. „So etwas findet man nur noch selten“, sagt der Sammler dazu, der regelmäßig auf Spezialmärkten unterwegs ist.

Inzwischen sind Handel und Sammeln zu seinem Hauptberuf geworden, und über die private Leidenschaft hinaus verfolgt er auch ein Ziel: „Ich möchte, dass diese Kultur der Nachwelt erhalten bleibt.“ Die Zukunft seines Museums betrachtet er allerdings nüchtern. Bereits vor Jahren wollte Schmithuysen seiner Heimatstadt die Sammlung anbieten. Da kein Interesse bestand, gründete er das private Museum. Sollte sich dafür einmal kein Nachfolger finden, könnte er sich vorstellen, das Ganze für karitative Zwecke zu veräußern. Wer Interesse an einer Führung hat, kann sich bei Michael Schmithuysen melden unter 0157-35 60 40 30.

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