Neue Musikschule: Geigen verdrängen Kreissägen

Wie klingt die neue Musikschule? Das werden kleine und große Musiker ab Januar herausfinden. Die Bauarbeiten gehen in die Endphase.

Krefeld. Die Frage scheint im Lärm der Baumaschinen beinahe unterzugehen: Wie klingt sie eigentlich, die neue Musikschule? Wer genau hinsieht, kann Antworten in fast jedem Raum entdecken. Filzböden, Löcher in Decken und Einbauschränken, Ecken und Kanten, wo gerade Wände sein müssten. Wer hier baut, darf die Welt der Klänge nie außer acht lassen. Er muss Geigen hören, wo noch Kreissägen dröhnen.

Architekt Jürgen Schwittmann gerät fast ein wenig ins Schwärmen, wenn er über diesen Bau spricht. Von Anfang an war die neue Musikschule, die Anfang nächsten Jahres fertig sein soll, eine Herausforderung. Bis heute ist das so geblieben.

Es fängt schon damit an, dass Haus Sollbrüggen, wo künftig die Musikschule unter einem Dach vereint ist, auf einer Insel steht, erreichbar nur über das Nadelöhr einer alten Brücke. Die Insel ist von Wassergräben umschlossen, der Platz entsprechend begrenzt. „Anfangs dachte ich, dass sich das gar nicht realisieren lässt“, gesteht der Architekt.

Die Lösung war, den rückwärtigen Teil des alten Gebäudes im neuen zu spiegeln. Das schuf Raum für die Verwaltung, die bisher einige hundert Meter entfernt in Haus Schönhausen sitzt, und für die musikalische Früherziehung, die zuvor in den Pavillons am Rott stattfand. Am Ende stand ein anspruchsvoller Entwurf, bei dem auch Denkmal-, Arten- und Landschaftsschutz zu berücksichtigen waren. Auch der Untergrund barg Überraschungen: Reste einer alten niederrheinischen Burg tauchten auf, Grundwasser drohte in den neuen Technikkeller zu laufen.

Doch das Architektenbüro Schwittmann/Bertrams und das städtische Gebäudemanagement behielten die Nerven und den Überblick. Wie Projektleiter Reiner Lammers bestätigt, wird der Finanzrahmen von 3,2 Millionen Euro eingehalten. Es wurden sogar Arbeiten umgesetzt, die ursprünglich nicht geplant waren. So können über die Brücke, die vorher kaum mehr standsicher war, wieder Lastwagen fahren.

Während der Neubau schon fast fertig wirkt, kann man im alten Gebäudeteil A vom Erdgeschoss bis zum Dach gucken. Die alten Deckenbalken aus dem 19. Jahrhundert sind freigelegt, sie werden nach heutigen Standards verstärkt. Der Grundriss im ersten Stock wird gedreht, weil sich dort, wo vorher Fenster waren, nun der Neubau anschließt. Auch der lange Kampf gegen Feuchtigkeit wird mit der Sanierung wohl beendet sein.

Wo alt und neu sich verbinden, entsteht nach hinten raus eine Art Innenhof am Wasser. Er schreit förmlich nach Tischen, Stühlen und Bänken, doch das ist bestenfalls Zukunftsmusik. Fürs Erste müssen sich die Musikschüler mit herrlichen Ausblicken durchs Fenster begnügen.

Die ersten Unterrichtsstunden werden in den neuen Räumen wohl schon Anfang Januar abgehalten, Mitte Februar soll im neuen Saal das Preisträgerkonzert von „Jugend musiziert“ stattfinden. „Vorher wollen wir noch eine schöne Einweihung machen“, erklärt Musikschulleiter Ralph Schürmanns. „Dieses Gebäude ist das Bekenntnis der Stadt Krefeld zu ihrer Musikschule, in Stein gemauert.“

Das gilt vor allem für den zwölf Meter hohen, fast 30 Meter langen Saal, in dem Konzerte und Theater eine Heimat finden sollen. Er steht anderen Veranstaltern offen, wie Schürmanns betont, auch die Kawai-Konzerte sollen künftig dort stattfinden. Die Akustik des Raums ist bislang nur theoretisch berechnet, mobile Wände werden je nach Zuschauerzahl die Schallabsorption verändern. Wie der Saal wirklich klingt, dürfen kleine und große Musiker bald ergründen.

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