Kultur Kurt Krömer: Wenn Anarchie zur Kunstform wird

Düsseldorf · Die Show des Berliner Performance-Künstlers Alexander Bojcan in der Tonhalle ist mehr als seichter Klamauk.

 Alexander Bojcans Kunstfigur, Kurt Krömer, trat in der Tonhalle auf.

Alexander Bojcans Kunstfigur, Kurt Krömer, trat in der Tonhalle auf.

Foto: ja/Daniel Porsdorf

Oft wurde versucht, Alexander Bojcans Kunstfigur, Kurt Krömer, in eine Schublade zu stecken. Doch der berlinernde Krömer, der eine Vorliebe für den kalkulierten Stilbruch hat, der immer die unpassendsten Anzugkombinationen aufträgt und Anarchie zur Kunstform erhoben hat, lässt sich nicht wirklich in eine Schublade zwängen.

Die soeben erwähnten Attribute sind schon an sich nur Annährungen an ein Phänomen, das sich nur schwerlich beschreiben lässt. War Krömer seit Anfang der 2000er bis 2014 im deutschen Fernsehen präsent, so verabschiedete er sich offiziell von dem Fernsehbildschirm und wollte sich mehr auf die Theaterbühne verlagern.

Er ist nicht von der Bildfläche
verschwunden

Auch wenn es so wirken mag, ist Krömer nicht von der Bildfläche verschwunden, er ist aktiv mit seinen Kabarettprogrammen, engagiert sich sozial, hat einen eigenen Podcast und war jüngst sogar wieder im RBB als „Programmansager“ zu dem 15. Geburtstag des Senders zu sehen.

Nun besuchte Krömer mit seinem aktuellen Programm „Stresssituation“ auch die Tonhalle Düsseldorf und sorgte für ein andauerndes Lachgewitter.

Wenn man ein Programm von Krömer besucht, weiß man, was einen erwartet. Publikumsbeschimpfung, Gesellschaftskritik, die sich hinter der debilen Fassade versteckt, scheinbarer Klamauk und immer wieder Momente von entwaffnendem Ernst, die aber gerne überhört und übersehen werden.

Mehr Performance
als Kunstwerk

Dies alles wirkt aus dem Zufall des Moments geboren, doch Krömers Programm ist ein in sich durchgeplantes Kunstwerk, eine Performance, Kunst.

Wobei selbst die Momente, in denen Krömer vorgibt er selbst zu sein, sind nur Teil einer kunstvollen Inszenierung. Kerngestus seiner Show, die sich auf der nahezu nackten Bühne der Tonhalle um und hinter einem mit einem lieblos mit einem Tuch verdeckten Tischchen abspielt, ist das ad absurdum Führen von Vorurteilen. Ob die gerne von AFD und Co angeführte „Früher war alles besser“-Ideologie oder unsere in so vielen Lebenslagen vorherrschende Doppelmoral, auch ein Ausflug in „Kurt Krömers Jugend“, Krömer echauffiert sich leidenschaftlich gerne.

Er führt das Publikum
gern an der Nase herum

Was wohl kaum einem so gut gelinagt wie ihm, ist das Publikum an der Nase herumzuführen und trotzdem liebenswert zu sein in seiner schrulligen Art.

Dieses an der Nase herumführen zeigte sich besonders markant vor der Pause. Denn Krömer tat zunächst so, als würde es in die Pause gehen, ging von der Bühne ab und Teile des Publikums begannen den Zuschauerraum zu verlassen.

Doch unversehens kehrte er zurück und erweckte den Anschein, als sei die Pause gerade schon wieder vorbei. Schließlich kam die Pause tatsächlich.

Hinter alledem steht immer eine absolut unbeirrbare künstlerische Haltung.

Grandios, dass dies immer noch so gut funktioniert.

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