Interview: Stadtwerke werben für Kraftwerk

Noch in diesem Jahr soll es eine Entscheidung über den Bau eines neuen Gaskraftwerks geben, kündigt Chef Udo Brockmeier an.

Herr Brockmeier, am 1. Juli sind Sie ein Jahr im Amt als neuer Stadtwerke-Chef. Wie haben Sie sich eingelebt in Düsseldorf?

Udo Brockmeier: Die Familien von meiner Frau und von mir haben ihre Wurzeln in Bonn beziehungsweise Bochum, ich bin also aus Stuttgart kommend sprichwörtlich mitten in meine Heimat zurückgekehrt. Und in einer Stadt wie Düsseldorf kommt man ganz rasch mit vielen Menschen in Kontakt. So gesehen habe ich mich sehr schnell eingelebt.

Das ist sicherlich hilfreich, denn die womöglich wichtigste Entscheidung, die Sie werden treffen müssen, steht schon in Kürze an: der geplante Bau eines neuen Gaskraftwerks im Hafen. Wie stehen die Chancen für die 500 Millionen Euro-Investition?

Brockmeier: Ich bin in einer Situation gekommen, in der die Stadt überlegt, wie man bestimmte Klimaschutzziele umsetzen kann. Bis 2050 sollen 80 Prozent der CO2-Emissionen eingespart werden. In diesem Zusammenhang wäre der Bau eines hocheffizienten Gaskraftwerks die richtige Entscheidung.

Durch die Kraftwärmekopplung kann man einen Nutzungsgrad von bis zu 85 Prozent erreichen, das hat einen sehr positiven Effekt auf die CO2-Emissionen. Auch wenn man die Frage nach der Versorgungssicherheit stellt oder die nach dauerhaft bezahlbarem Strom, wird man auf die Antwort Gaskraftwerk kommen.

Das sind Überlegungen durch die Brille der Stadt. Wie ist Ihre Sicht?

Brockmeier: Wir haben ein Benchmark (eine Art vergleichende Analyse; Anm. der Red.) gemacht. Dabei ist herausgekommen, dass die Lausward einer der besten Kraftwerksstandorte in der ganzen Republik ist.

Erstens haben wir sehr gute Kühlwasserbedingungen; zweitens gibt es gute Voraussetzungen für die Wärmeauskopplung, zumal es in Düsseldorf im Vergleich mit anderen Großstädten noch relativ wenig Fernwärme gibt; drittens können wir den Strom dezentral einspeisen, das spart Geld. Grundsätzlich erscheint es auch sinnvoll, einen stabilen Anteil an Eigenerzeugung zu haben.

Das ursprünglich geplante Kohlekraftwerk auf der Lausward wurde von der Stadt abgelehnt, auch weil es zu nah an der beabsichtigten Wohnbebauung liegt. Passt denn ein Gaskraftwerk dorthin?

Brockmeier: Wohnungsbau und ein neues Gaskraftwerk schließen sich nicht grundsätzlich gegenseitig aus. Vom Kraftwerk riecht man nichts und es gibt geringe Lärmemissionen. Außerdem möchten wir einen Gestaltungswettbewerb durchführen und dafür sorgen, dass dort etwas Interessantes entsteht und nicht nur eine übliche Industrieanlage. Das Kraftwerk soll von außen durch seine moderne Anmutung den Stand der Technik spiegeln, den es innen hat.

Das Hauptrisiko liegt in der Unberechenbarkeit der Gaspreise. Besteht nicht die Gefahr, dass das Projekt auf lange Sicht unwirtschaftlich ist?

Brockmeier: Die Gaspreise sind nicht unberechenbar, jedoch sehr schwer absehbar. Aber es ist unsere Kernkompetenz, die Entwicklung abschätzen zu können. Jede Firma hat ein unternehmerisches Risiko und muss dieses Risiko abwägen. Am Ende steht eine Entscheidung, die über das Kraftwerk möchten wir nach der Beratung in unseren Gremien noch in diesem Jahr treffen.

Wie hat sich das Privatkundengeschäft in den vergangenen Jahren entwickelt? Hat etwa die Preisoffensive in Bayern vor zwei Jahren Früchte getragen?

Brockmeier: Wir haben heute rund 500.000 Privat- und Firmenkunden in der Region, auf die wir uns auch konzentrieren wollen. Damit haben wir einen sehr hohen Marktanteil. Aber der Wettbewerb wird deutlich härter. Es gibt eine große Wechselbereitschaft und einen gewissen Anteil an Kunden, die nur auf den Preis achten.

Wie wollen sich die Stadtwerke unter solchen Voraussetzungen positionieren?

Brockmeier: Wir werden nicht die billigsten Anbieter sein, aber die zuverlässigsten. Für viele Kunden werden andere Argumente als der Preis immer wichtiger — etwa Service, regionale Nähe, Umweltaspekte. Nicht zuletzt nach der Katastrophe von Fukushima wird dieser Trend stärker. Wenn es Stadtwerke nicht schon gäbe, man müsste sie erfinden.

Was können Sie denn, was andere nicht können?

Brockmeier: Wenn man es mit der Energiewende ernst meint, wird man auch zu dezentralen Lösungen kommen müssen. Wir wollen industrielle Abwärme ebenso nutzen wie erneuerbare Energien, zum Beispiel Wärmepumpen. Wir haben die regionale Kompetenz, so etwas umzusetzen.

Sie pendeln jeden Tag aus Bonn nach Düsseldorf. Bleibt da eigentlich noch Zeit für ein Hobby?

Brockmeier: Wir haben ein altes Haus von 1750 gekauft. Das zu renovieren, ist mein Hobby und meine Leidenschaft.

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