Familie in Düsseldorf Wie Dian trotz Gehörlosigkeit Deutsch lernt

Düsseldorf · Vor vier Jahren floh der Elfjährige mit seiner Familie aus Bangladesch. Seine Gehörlosigkeit wurde erst danach diagnostiziert.

 Familie Khan ist aus politischen Gründen aus Bangladesch geflohen und lebt seit 2017 in Deutschland. Erst nach der Flucht wurde Dians Gehörlosigkeit von Ärzten in Hilden diagnostiziert.

Familie Khan ist aus politischen Gründen aus Bangladesch geflohen und lebt seit 2017 in Deutschland. Erst nach der Flucht wurde Dians Gehörlosigkeit von Ärzten in Hilden diagnostiziert.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Der elfjährige Dian Khan hat viele Interessen, er geht gerne zur Schule, besonders viel Spaß macht ihm Mathe. In seiner Freizeit surft der kleine Junge mit den dunklen Haaren viel im Internet und lernt neue Dinge, am liebsten über sein Heimatland Bangla-
desch. Dieses hat er vor vier Jahren gemeinsam mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester verlassen, um in Deutschland ein neues Leben zu beginnen. Ein Neustart in einem fremden Land ist für die meisten mit einigen Hürden verbunden. Für Dian kam allerdings noch eine hinzu: Der Elfjährige ist gehörlos und hat somit statt der gesprochenen Sprache die deutsche Gebärdensprache gelernt. Bei dem Gespräch mit Dian und seiner Familie waren zwei Dolmetscher dabei, die übersetzt haben.

Familie Khan musste Bangladesch aufgrund von politischen Problemen verlassen. Im Jahr 2014 machte sich zunächst Vater Mehedi Hasan auf den Weg nach Deutschland, drei Jahre später folgten ihm seine Frau Naema, Sohn Dian und Tochter Dia. Von der Behinderung des Sohnes wusste die Familie lange Zeit nichts. Dass er mit fünf Jahren immer noch nicht sprechen konnte, sei ganz normal, hatten die Ärzte in Bangladesch gesagt. „Das kommt noch, haben sie immer gesagt“, erinnert sich Mutter Naema. Erst nach der Ankunft im Flüchtlingscamp in Hilden konnte die Behinderung des Jungen diagnostiziert werden. Mit der Diagnose hatte Familie Khan zwar endlich Gewissheit, doch mit dieser Gewissheit kamen auch neue Probleme. So mussten sie nicht nur Deutsch lernen, sondern auch einen Weg finden, um mit Dian kommunizieren zu können. Seine jüngere Schwester Dia versteht ihn zwar schon ziemlich gut, die Kommunikation mit seinen Eltern ist jedoch teilweise noch rudimentär. So beherrschen sie zwar ein paar Gebärden, müssen sich oft jedoch noch mit Zeichen und Gestiken weiterhelfen.

Mit der medizinischen Behandlung von Dian wurde umgehend nach der Diagnose begonnen. Nach einer Operation im Jahr 2019 verbesserte sich sein Zustand bereits etwas. Daraufhin erhielt Dian ein Hörgerät, mit dem kann er sogar etwas Musik hören. „Wenn ich die Musik laut genug drehe, kann ich sie hören“, sagt Dian. Er besucht die LVR-Gerricus-Schule in Düsseldorf, die sich auf die Förderung von hörgeschädigten Kindern konzentriert. Hier hat er mit sieben Jahren auch die deutsche Gebärdensprache gelernt, seine erste Sprache überhaupt. „Die Gebärdensprache macht mir auch Spaß, mit meinen Freunden gebärde ich auch“, erzählt Dian. Auch wenn er noch nicht alles ausdrücken kann, was er gerne sagen möchte, beherrscht der Elfjährige die Gebärdensprache mittlerweile schon gut.

Dass Dian ein Sprachtalent ist, zeigt sich auch an anderen Stellen. So hat er sich mithilfe des Internets selbst die englische Schriftsprache beigebracht. Nur bei der Kommunikation mit seiner Familie hapert es noch an manchen Stellen. „Aber das ist schon in Ordnung, was die machen“, sagt Dian. Damit sie ihren Sohn in Zukunft noch besser verstehen können, erhalten Mehedi Hasan und Naema zukünftig neben dem Deutschunterricht auch Nachhilfe in der Gebärdensprache.

Neben den Sprachbarrieren kamen für Familie Khan auch die bürokratischen Hürden hinzu, die mit der medizinischen Behandlung von Dian einhergingen. „Bei Asylbewerbern läuft das etwas anders ab, als man es kennt. Dort kommen alle Anträge erst einmal zum Sozialamt“, sagt Christina Dick von der Erziehungs- und Familienberatung der Caritas. Die Heilpädagogin kennt Familie Khan seit etwa zwei Jahren und unterstützt sie seitdem unter anderem in eben solchen bürokratischen Angelegenheiten. „Frau Dick hat uns von Anfang an sehr geholfen“, sagt Vater Mehedi Hasan. So half sie unter anderem dabei, den Schwerbehindertenausweis für Dian zu beantragen und einen Dolmetscher für die Familie zu organisieren.

Seit März hat die Familie einen sicheren Aufenthaltsstatus in Deutschland. Sie freuen sich, nun endlich konkrete Pläne für die Zukunft machen zu können. Sobald er die deutsche Sprache gut genug beherrscht, würde Mehedi Hasan gerne im Agrarbereich arbeiten. Auch die Kinder haben bereits große Ziele. Die achtjährige Dia würde später gerne Ärztin werden, der Elfjährige interessiert sich brennend für die Nasa – alles, was mit dem Weltall zu tun hat, findet er klasse.

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