Düsseldorf Der Dezernent der Großprojekte

Von vielen geschätzt, nicht von allen geliebt: Zum Abschied von Baudezernent Gregor Bonin zieht die WZ Bilanz.

 Seine Expertise wird Düsseldorf fehlen, auch wenn er nicht unumstritten war: Gregor Bonin.

Seine Expertise wird Düsseldorf fehlen, auch wenn er nicht unumstritten war: Gregor Bonin.

Foto: Schaller, Bernd (bes)

Düsseldorf. Ab Montag ist Gregor Bonin nicht mehr Planungs- und Baudezernent der Stadt Düsseldorf. Der 55-Jährige wechselt in gleicher Funktion nach Mönchengladbach, wo seine Frau Annette als CDU-Mitglied im Rat sitzt.

Knapp zehn Jahre lang hat Bonin die Entwicklung der Stadt als Dezernent geprägt, als Mitarbeiter der Verwaltung sogar seit 22 Jahren. Von 1993 bis 2003 war der Architekt Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes und von 2004 bis 2006 Referent für Planung, Bau, Verkehr und Immobilienmanagement im Büro von Oberbürgermeister Joachim Erwin. Wir ziehen Bilanz und schauen, was Bonin auf der Haben- und was er auf der Sollseite verbuchen kann bzw. muss.

Projekte: Zweifellos hat sich vor allem das Gesicht der Innenstadt unter Bonin stark verändert. Zu nennen sind da zuerst die Großprojekte Kö-Bogen und Wehrhahn-Linie. Wobei Bonin bei Bau und Abwicklung der neuen U-Bahn nicht federführend war, sein Thema ist die Oberflächengestaltung nach Fertigestellung. Am Kö-Bogen freilich hat Bonin maßgeblichen Anteil. Und wer heute vergleicht, was auf dem Jan-Wellem-Platz war und nun ist, sieht: einen Gewinn für die Stadt.

Auch die Entwicklungen auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Derendorf, der Airport City und von Teilen des Medienhafens fallen in seine Ägide, etwa die Bebauung der Hafenspitze mit dem Hyatt-Hotel, wo sich einst die Strandbar Monkey Island befand. Mehr Einsatz für den Erhalt solcher Nischen hätte der Stadt allerdings gutgetan.

Leitlinie: Eine der größten Herausforderungen lautete: Was tun mit einer wachsenden Stadt, deren Flächen knapp sind? Bonins Leitlinie war da stets klar, im von ihm mit auf den Weg gebrachten Stadtentwicklungskonzept ist das nachzulesen. „Innen- vor Außenverdichtung“, heißt es da. Und daran hat er sich im Wesentlichen auch gehalten. Das Grün am Stadtrand soll vor allem der Erholung dienen, mehr Wohnraum in leerstehenden Büros, Hinterhöfen und Wohnhochhäusern in Citynähe gefunden werden. Für Letztere hatte er sich stets starkgemacht, und in den nächsten Jahren werden auch noch mehr davon gebaut, etwa an der Moskauer Straße oder der Mercedesstraße.

Das wird sich auf den Wohnungsmarkt der Stadt wohl positiv auswirken, städtebaulich unumstritten ist es nicht: Wer dieser Tage von der Wehrhahn-Brücke auf die drei Wohntürme entlang der Toulouser Allee schaut, mag sich ob der Baumasse erschrecken. Bonins Einschätzung, es handele sich um „qualitätvolle Architektur“ (tatsächlich hat die Stadt erste Entwürfe zurückgehen und neu machen lassen), wird durch die schiere Masse in Frage gestellt.

Wohnen: Und trotz solcher Wohntürme ist Wohnraum dennoch äußerst knapp in Düsseldorf. Auch das ist eine Wahrheit der Ära Bonin. Hier haben Politik und Stadt — und auch der Baudezernent — zu spät reagiert. Auch wenn das Handlungskonzept Wohnen jetzt die richtigen Impulse setzt. Immerhin.

Finanzen: Auf die Fahne schrieb sich Bonin stets, solide gewirtschaftet zu haben. Und das stimmt auch, etwa im Vergleich zu Großprojekten in Hamburg, Berlin oder Köln. Der Kö-Bogen mit den Autotunneln z.B. blieb voll im Zeit- und Kostenrahmen.

Schulen: Eben dieser Kö-Bogen ist ein Lieblingsprojekt von ihm. Neben Architekten wie Libeskind und Ingenhoven fühlte sich der Dezernent der Großprojekte bei vielen Auftritten sichtlich wohl. Oft betonte er mit Blick auf die Neugestaltung der Innenstadt, wie viel Spaß ihm diese Arbeit mache. Doch dabei ließ er die alltäglichen Hausaufgaben eines Baudezernats zu oft liegen. Der Zustand vieler Schulen ist einer so wohlhabenden Stadt wie Düsseldorf nicht würdig. Hier arbeitete die Verwaltung zu langsam. Schließlich entzog OB Geisel Bonin die Verantwortung für diesen Bereich und gründete die neue Immobilien Projekt Management Düsseldorf GmbH.

Flüchtlinge: Auch die Flüchtlingsproblematik erkannte Bonin nicht oder zu spät. Auch dort wurde ihm die Zuständigkeit entzogen und auf die Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch übertragen. Dieser doppelte Entzug von Kompetenzen war mit ein Grund, warum Bonin nach einer neuen Aufgabe suchte. Er fühlte sich regelrecht rausgeekelt. Es heißt, mit OB Geisel habe auch die Chemie nicht gestimmt.

Bauverwaltung: Kritik gab es auch immer wieder am Tempo, mit denen die Bauverwaltung Anträge abarbeitet. Mehrfach musste sich Bonin im Fachausschuss dazu erklären, wobei er ausführte, viele Firmen würden ihre Bauanträge schlicht unvollständig ausfüllen. Das führe zu Zeitverzug. In der Immobilienwirtschaft ist freilich zu hören, dass es in anderen Städten auch anders gehe: Da werde ein Antrag auch dann weiterbearbeitet, wenn Details fehlten. In Düsseldorf verschanze man sich dahinter, weil man in Wahrheit zu wenig Personal habe. Tatsächlich hat etwa die Baugenehmigung für das Dach einer Carlsplatz-Bude fast ein halbes Jahr gedauert.

Persönlichkeit: Womit Bonin aber vor allem stets polarisierte, war sein Auftreten. An Selbstvertrauen mangelt es ihm nicht. So mündeten etwa seine Dankesworte im letzten Planungsausschuss in eine Lobhudelei in eigener Sache. Bei SPD und Grünen gilt das CDU-Mitglied als arrogant. Auch Verwaltungsintern wird Bonin darüber hinaus als zu eigensinnig beschrieben. Doch klare Kante sorgt auch für ein scharfes Profil. Und beides braucht ein Planungsdezernent. Was Bonin sicher auch auszeichnete, war seine große Expertise — die Düsseldorf nun fehlen wird.

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