Porträt Seit 30 Jahren im Geschäft: Die Zwei vom Sonnenstudio

Düsseldorf · Eigentlich nutzen immer weniger Menschen Solarien. Das Tropisol vom Ehepaar Schmidt in Bilk hat aber eine Menge Stammkunden. Und existiert seit 30 Jahren.

 Fritz und Karla Schmidt, die Inhaber des Sonnenstudios Tropisol in Bilk.

Fritz und Karla Schmidt, die Inhaber des Sonnenstudios Tropisol in Bilk.

Foto: Andrea Schmitz

Fritz Schmidt steht hinterm Tresen. Er stützt sich mit beiden Händen auf die Ladentheke und lächelt schnauzbärtig und freundlich. „Was kann ich tun“, sagt er. Er hat die fürsorgliche Ausstrahlung des Großvaters, den man gerne hätte. Für sich oder für die eigenen Kinder. Leih-Großvater ist aber leider nicht sein Beruf, er ist der Betreiber des Sonnenstudios Tropisol an der Aachener Straße, „das nette Sonnenstudio von nebenan“, wie es an der Tür zu lesen ist. Seit 30 Jahren gibt es ihn hier in seinem Laden.

Der 69-Jährige ist aber nicht allein, er betreibt das Sonnenstudio zusammen mit seiner Frau Karla (66). Karla macht gerade ein Päuschen mit der Stammkundin Bettina Jost, sie haben es sich auf den Stühlen neben der Tür bequem gemacht. Die Stammkundin kommt seit 15 Jahren, und das obwohl sie mittlerweile von Düsseldorf nach Neuss gezogen ist. Ein junges Paar, das nur Englisch spricht, ist fertig mit dem Sonnen und verabschiedet sich. Laufkundschaft gibt es hier nämlich auch in dem kleinen Laden mit der Retro-Optik und der großen gelben Markise an der Fassade.

Sieben Tage in der Woche stehen die Inhaber den ganzen Tag im Laden, meistens von 10 bis 20 Uhr. Karla Schmidt bleibt nur sonntags zu Hause, um dann in einem Rutsch den kompletten Haushalt zu schmeißen. Fehlt er nicht, so ein freier Sonntag? „Was man nicht kennt, das kann man nicht vermissen“, sagt Karla Schmidt. Darüber kann sie lachen. Letztes Jahr haben die beiden eine Woche Urlaub genommen. Nach 15 Jahren das erste Mal, es ging nach Spanien. „Aber nicht zum Sonnen“, sagt Fritz Schmidt, der eigentlich Friedrich heißt. Sondern um die Gegend um Malaga wandernd zu erkunden. Dieses Jahr haben die beiden den Laden für ihren 19. Hochzeitstag am 25. August geschlossen. Ostern und Weihnachten sei auch zu, viel mehr könne man sich aber nicht erlauben. „Mitarbeiter für eine Urlaubsvertretung haben wir nicht, die Einarbeitung und Schulungen sind zu kostenaufwendig“, sagt Fritz Schmidt.

Kunden werden im Sonnenstudio je nach Hauttyp beraten

Zur Tür herein kommt ein Kunde, ein Mann mittleren Alters, er möchte gerne zwanzig Minuten sonnen. Fritz Schmidt kennt ihn noch nicht. „Nehmen Sie denn gerade Medikamente wie Antibiotika, Kortison oder Johanniskraut?“ fragt er. Nein, nur Nasenspray. Manche Medikamente könnten schlimme Reaktionen in Kombination mit den UV-Strahlen auslösen, wird der Kunde belehrt. „Gut, dass Sie das sagen“, sagt der Kunde. Dann geht’s noch mal um die passende Besonnungszeit und die entsprechende Bank, passend zum Hauttyp des Kunden. „Vielleicht fangen wir erst mal mit 16 Minuten an“, empfiehlt Schmidt. Der Kunde ist einverstanden, die 16 Minuten kosten ihn auch weniger.

Bevor er Sonnenstudiobetreiber wurde, hat Fritz Schmidt als Unternehmensberater gearbeitet. Dafür ist er viel in der Welt herumgeflogen, es ging nach Fernost, in die USA, nach Kanada. Dann wurde ihm aus medizinischen Gründen das Fliegen verboten. Die Schmidts haben damals, vor 30 Jahren, schon in ihrer heutigen Wohnung gewohnt. Fritz Schmidts damaliger Arbeitgeber saß nämlich in Düsseldorf, er selbst kommt aus dem Oberbergischen. Die beiden entschieden sich, ihre Selbstständigkeit in der Landeshauptstadt zu wagen.

Und dann wurde es ein Sonnenstudio. Einfach so. An seine neue Aufgabe habe er sich erst gewöhnen müssen. „Die Kunden waren so anders. Vorher hatte ich ja nur mit der Chefetage zu tun gehabt, und die kommt eher selten hier vorbei.“ Dann sei er aber sehr schnell sehr glücklich geworden, der persönliche Kontakt mit den Kunden erwies sich als interessant, wie er sagt. „Vor drei Jahrzehnten war der Besuch im Sonnenstudio noch ein Trend“, sagt Schmidt. Das sei heute etwas anders.

Tatsächlich wird das Münz-Mallorca bundesweit immer unbeliebter. Einer Studie von vergangenem Winter zufolge gehen nur noch 1,6 Prozent der Bevölkerung auf eine Sonnenbank. Seit 2001 geht es bergab mit der Branche. Bei der Gewerbemeldestelle im Ordnungsamt der Stadt Düsseldorf sind derzeit 64 Sonnenstudios gemeldet. „Da es keine besondere Erlaubnispflicht für die Betriebe gibt, sind Randunschärfen nicht auszuschließen“, so ein Sprecher der Stadt. Auch gebe es keine Vergleichswerte, wie die Zahl der Solarien sich in der Stadt entwickelt hat. Die Vermutung liegt aber nahe, dass es weniger geworden sein müssen.

Die Schmidts stellen jedenfalls einen Rückgang der Kunden fest, ihre vielen Stammkunden würden es ihnen aber verhältnismäßig leicht machen. „Wir haben noch immer so 20 bis 30 Kunden am Tag“, sagt Fritz Schmidt. Nicht schlecht für das Studio mit sechs Bänken.

Krebshilfe warnt vor den Gefahren künstlicher UV-Strahlen

Und warum geht es den Solarien jetzt so schlecht, sind die Leute vorsichtiger geworden? „Die Leute wollen heute auf jeden Fall mehr Sicherheit und mehr Beratung.“ Fritz Schmidt sonnt selber, zwei Mal in der Woche vielleicht. Er will kein schlechtes Vorbild sein, schon deshalb will er es nicht übertreiben. Ob kontrolliertes Sonnenbaden in der Röhre unbedenklich oder sogar medizinisch empfohlen werden kann, darin ist sich die Forschung uneins. Es gibt Ärzte, die Solarien etwa gegen Vitamin-D-Mangel empfehlen, es gibt aber auch andere, die das für nicht wirksam halten. Die Deutsche Krebshilfe warnt vor den Gefahren künstlicher UV-Strahlen.

Im Tropisol dürfen die Leute maximal 20 bis 26 Minuten sonnen. „Längere Zeiten finde ich nicht in Ordnung, auch wenn das gesetzlich erlaubt ist“, sagt Fritz Schmidt.

Was er auf jeden Fall schwer in Ordnung findet, ist Bilk. Das sei ein Dorf, in dem jeder jeden kennt. Das Ehepaar fühlt sich in diesem Gefüge sehr wohl. Deshalb fällt es den beiden auch nicht leicht, aber langsam müssen sie an den Ruhestand denken. Sie werden aufhören, wann genau, das wissen sie noch nicht. „Wir können ja schlecht irgendwann mit dem Rollator hier die Bänke sauber machen“, sagt Karla Schmidt. „Dafür ist der Flur zu schmal.“

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