Last und Lebensfreude des Alters

Die Premiere im Altenzentrum schlug einen weiten Bogen, um alle Generationen zu verbinden.

Burscheid. Mit Mitte 20 kann und will man sich für gewöhnlich gar nicht ausmalen, wie man die Welt mit Mitte 70 erlebt. Man kennt das ja von der eigenen Oma. Schlecht hören, schlecht sehen, schlecht gehen. "Zum Glück" hat man ja noch ein paar Jahrzehnte Zeit, bis es so weit ist. Normalerweise.

Doch es gibt eine Möglichkeit, binnen weniger Minuten um 50 Jahre zu altern. Der Simulationsanzug "Age Explorer" macht’s möglich. Beim Seniorentag, der vom Seniorenbeirat der Stadt auf die Beine gestellt wurde und am Samstag im Altenzentrum auf der Schützeneich stattfand, war der knallrote Anzug die Attraktion vor allem für die jüngeren Besucher.

Im Selbsttest wurde schnell klar, wie beschwerlich das Treppensteigen mit sechs Kilo Zusatzgewicht ist. "Die Gewichte simulieren den Muskelschwund", erklärt Heinz Einhaus vom Meyer-Hentschel-Institut, das den Anzug entwickelt hat. "Das Gesamtpaket des Anzuges lässt einen altern."

Dazu gehören auch piksende Handschuhe, die Arthrose in den Fingern simulieren, und ein Helm, der das Gesichtsfeld einschränkt und die Sehleistung sowie das Farbensehen reduziert. Mit den Ohrschützern, die man sonst eher beim Baumfällen anziehen würde, werden die vielen Stimmen im Foyer des Altenzentrums zum dumpfen Gewirr. Hohe Töne sind nicht mehr wahrnehmbar, einzelne Stimmen nicht mehr zu orten. Es fühlt sich an wie das Hören unter Wasser.

"Das führt bei alten Menschen dazu, dass sie an Gesprächen nicht mehr teilnehmen oder so tun, als hätten sie alles verstanden. Viele wollen sich nicht eingestehen, dass sie schlecht hören", berichtet Einhaus. Auch Andrew Westermann (18), Vorsitzender des Jugendparlaments, stellte sich dem Experiment. Sein Fazit: "Es war total anstrengend, so hätte ich mir das nicht vorgestellt. Ich möchte noch ein paar Jahre haben, bevor ich so herumlaufen muss."

Der Seniorentag sollte eine Brücke auch und gerade zu den jüngeren Generationen schlagen. "Wir sind gemeinsam aufgefordert, die Stellung und Akzeptanz der Senioren in der Gesellschaft und das Miteinander zu festigen und zu fördern", so Barbara Sarx, die zusammen mit ihrem Team vom Seniorenbeirat, dem Altenzentrum Burscheid und der städtischen Seniorenberaterin Anita Heppert den Tag organisiert hatte.

Das bunte Programm mit farbenfroher Artistik, einer Lesung, einer Modenschau, einem Stuhltanz der Rheumaliga und einer Aufführung der katholischen Frauen Witzhelden mit "Dinner for one" in kölscher Mundart wurde ergänzt durch Info-Stände der Partner im Altenhilfe-Netzwerk Burscheid im Eingangsbereich.

Hausherrin und Altenzentrums-Leiterin Birgit Hoferichter zeigte sich in Sachen Resonanz zufrieden: "Es werden immer mehr Senioren und die haben einen Anspruch darauf, die Angebote unseres Netzwerkes kennenzulernen und zu wissen, an wen sie sich bei Bedarf wenden können." Auch dazu war der Seniorentag bestens geeignet.

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