Jugendliche proben Abba auf Platt

Die Jugend- und die Kindergruppe der Kaltenherberger Heimatfreunde treten im Februar im Haus der Kunst auf.

Burscheid. Im Pastor-Löh-Zimmer im Haus der Kunst herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Jugendliche huschen hinein, greifen sich ein Kleidungsstück, ziehen es an und begutachten ihren neuen Stil aus den 60er Jahren. Jill Hagenbeck hat einen roten Hut mit Feder und ein rotes Gewand anprobiert und stöckelt auf hohen Schuhen durch den Raum. Die 15-Jährige wird in dem Stück "Vatter gesöökt" der Jugendgruppe der Kaltenherberger Heimatfreunde Erika spielen. Für die Aufführungen im Februar wird bereits fleißig im Haus der Kunst geprobt.

"Das Kostüm gehört eigentlich gar nicht zu meiner Rolle, sondern zu der von meiner Mutter", sagt Jill. Ihre Mutter Elisabeth, die von Constanze Meraner gespielt wird, ist allerdings gerade dabei, ein schwarzes Kleid samt Schürze anzuprobieren. So schlüpft Jill zum Spaß in das Outfit ihrer Bühnenmutter, die jede Menge Trubel in das Leben ihrer Tochter bringt.

Burscheid 1962: Erika möchte heiraten. Doch ihre Mutter Elisabeth weiß nicht, wer der Vater ist. Drei Männer kommen infrage und für Erika und Elisabeth beginnt eine nervenaufreibende und teilweise lustige Suche nach dem richtigen Vater.

Die Idee für das Stück "Vatter gesöökt" hatte Constanze. "Ich habe zusammen mit Jill den Film ,Mamma Mia’ gesehen und da wir noch auf der Suche nach einem Stück waren, habe ich das vorgeschlagen", sagt die 17-Jährige. Gabi Winitzki hat den Jugendlichen die bergische Variante des Abba-Musicals "Mamma Mia" auf den Leib geschrieben und Waltraud Küpper hat das Stück ins Platt übersetzt.

Die Erwachsenen der Kaltenherberger Heimatfreunde helfen auch bei den Kostümen und Kulissen. Im Pastor-Löh-Zimmer dreht sich Constanze langsam um die eigene Achse, während zu ihren Füßen Waltraud Küpper den Saum des schwarzen Kleides absteckt. "Fünf Zentimeter - das ist in Ordnung", sagt sie. "Jetzt fehlt nur noch ein schicker Schuh."

Sogleich machen sich mehrere Helfer auf die Suche nach einem geeigneten Paar. "Welche Größe hast du denn?", fragt Gabi Winitzki. "40", antwortet Constanze. Da nur Schuhe in Größe 39 vorhanden sind, wird die Auswahl des richtigen Fußschmucks vertagt.

Gut zwei Monate vor den Aufführungen sitzen allerdings die meisten Kostüme noch nicht perfekt. So trägt Lisa Witzel (12), die die Tratschtante Hannelore spielt, zwar ein schickes Fuchsfell um die Schultern, das ist aber gar nicht Teil ihres Kostüms. "Das gehört eigentlich zur Rolle der Bankdirektorin Agathe", sagt Lisa.

Sie spielt bereits, seitdem sie sechs Jahre alt ist, bei der Gruppe mit. "Ich habe mal ein Stück gesehen, das hat mir so gut gefallen, dass ich selbst mitmachen wollte", sagt sie. Wie Lisa ist der größte Teil der 14 Jugendlichen, die bei "Vatter gesöökt" mitspielen, schon lange mit dabei. "Die meisten haben bei uns als Kinder angefangen und sind mit uns groß geworden", sagt Ina Meraner, Jugendwartin der Heimatfreunde.

Da aus der einstigen Kindergruppe eine Jugendgruppe geworden ist, wurde nun eine neue Kindergruppe gegründet. Die Sechs- bis Achtjährigen präsentieren sich im neuen Jahr erstmals dem Burscheider Publikum. Sie spielen am 20. und 21. Februar das Stück "Mäck un Murritz" im Haus der Kunst.

Auch der 17-jährige Daniel Lang wird mit seinem Auftritt in der Jugendgruppe eine Premiere feiern. "Freunde haben mich gefragt, ob ich nicht mitmachen will, und ich wollte mal etwas Neues ausprobieren", sagt er. Als Hans, einer der infrage kommenden Väter, steht er nicht nur zum ersten Mal mit der Gruppe auf der Bühne, sondern spricht auch zum ersten Mal in seinem Leben richtig Platt. "Am Anfang war es schwer, in die Sprache rein zu finden, aber mit der Zeit ging das", sagt der 17-Jährige. Da auch seine Eltern den Dialekt nicht sprechen, liest er sich den Text zu Hause laut vor, um ihn besser lernen zu können.

Doch auch für die Jugendlichen, die zu Hause mit ihren Eltern und Großeltern auf Platt reden und mit ihnen üben können, sind die Texte nicht immer einfach. "Ich kenne auch nicht jedes Wort, manchmal muss ich dann auch mal nachfragen", sagt Niklas Hagenbeck (13).

Doch das monatelange Proben (die Gruppe übt bereits seit den Herbstferien) lohnt sich. "Es ist lustig, mit den anderen auf der Bühne zu stehen", sagt Jill. "Außerdem ist es toll, ins Publikum zu blicken und zu sehen, wie sehr sich die Älteren darüber freuen, dass wir mit ihnen auf Platt reden."

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