Soul: Der Enkel von Mayfield und Gaye

Almosen braucht er keine mehr: Mit seinem Krisen-Song „I Need A Dollar“ hat sich der politische Sänger Aloe Blacc saniert.

Ist er der Retter der klassischen Soulmusik, der Musiker, auf den Fans des Genres gewartet haben? Der kalifornische Sänger Aloe Blacc hat jedenfalls das Zeug dazu, ein nicht geringes Erbe anzutreten: Schon nach zwei Alben wird der 31-Jährige als Nachfolger von Helden wie Marvin Gaye, Otis Redding, Bobby Womack oder Curtis Mayfield gehandelt - eine große Bürde, die Blacc als Auftrag empfindet.

Als Teil der neu aufkommenden Szene, die sich dem verflachten R&B-Establishment widersetzt, will er die alte Soul-Tradition fortführen, über Musik das soziale Bewusstsein seiner Hörer zu erreichen. Sein zweites Album "Good Things" ist nun erschienen und unterscheidet sich grundlegend von seinem Debüt aus dem Jahr 2006.

Während "Shine Through" viele soundverwandte Genres durcheinander warf - von HipHop und Salsa über Rhythm & Blues bis hin zu Folk und Dancehall -, ist "Good Things" ein einheitlicheres Soul-Album geworden.

Mehr noch als das: Blacc selbst bezeichnet seine musikalische Richtung als "Brand new old Soul" - also als einen modern eingespielten Sound von heute, der so klingt, als sei er in den späten 60ern oder frühen 70ern aufgenommen worden. Aloe Blacc schreibt all seine Songs selbst und hatte die Idee zum Top-Hit "I Need A Dollar" bereits vor Jahren. Damals hatte er seinen Job als Wirtschaftsberater verloren, und ihm drohte der Absturz.

Immer wieder sagte er damals diesen Spruch vor sich her, den Obdachlose nur zu gut kennen, und gab ihm eine Melodie. Das Liedchen geisterte ihm durch den Kopf und wuchs langsam zu einem Ohrwurm heran. Musik, die sich nun auch nicht mehr aus der Radiolandschaft vertreiben lässt.

Kein Wunder: Der Song ist eingängig und repräsentiert einen Stil, für den Blacc heute steht. Er groovt, ist soulig und hat das Potenzial, eine große Zuhörerschaft zu erreichen. Sein Einsatz als Titelsong der HBO-Fernsehserie "How To Make It In America" gab ihm schließlich den letzten Schub.

Seitdem macht sich das Lied unaufhaltsam in den internationalen Charts breit, und sehr schnell war Blacc klar: Der Durchbruch ist geschafft. Almosen braucht er jetzt keine mehr. Seine Fans kommen trotzdem noch auf Konzerten zu ihm an den Bühnenrand und drücken ihm scherzhaft Dollarmünzen in die Hand.

Mit der Veröffentlichung von "Good Things" will Blacc den Erfolg nun fortführen - doch nicht ohne die Kraft seiner Texte. Angefangen beim Titel der Platte, der seiner Lebensphilosophie entsprang. "Ich glaube an die Kraft der Gedanken. Und ich denke, dass es wichtig ist, immer eine positive Einstellung zu haben", so Blacc. "Wenn du an ‚gute Dinge’ denkst, dann werden sich auch ‚gute Dinge’ ergeben."

Thematisch hat es sich der gebürtige US-Amerikaner nicht einfach gemacht. Spielerische Texte wie auf dem ersten Album sind auf "Good Things" kaum noch zu finden. Vielmehr beschäftigt er sich mit den Missständen in der Gesellschaft und moniert politische Fehler, die zu all dem geführt haben.

Da seine Eltern aus Panama kommen und ärmliche Verhältnisse kennen, bleibt Blacc stets authentisch. Seine Texte erzählen Geschichten, die dank der Berichte seiner Eltern einen glaubhaften Background haben. "In die Arbeit an dem Album habe ich einiges aus ihren Erfahrungen mit einfließen lassen. Aber auch aktuelle Situationen vieler verschiedener Leute auf der Welt."

Seine Motivation, politische Themen anzufassen, begründet er mit seiner Neugier auf Hintergründe. So wie Jimi Hendrix einst die Musikanlage seines Vaters auseinandernahm, um zu erfahren, woher die Musik eigentlich kommt, demontiert er gern das politische Gebäude bis auf sein Gerüst, um zu verstehen, wo der Wurm sitzt.

"Soul-Musik spricht immer über Politik und die Gesellschaft", sagt er. Und fügt hinzu: "Ohne die Freude in der Musik zu vergessen." Denn gerade diese Mischung ist es, die echten Soul so einzigartig macht. Und ganz in der Tradition seiner großen Vorbilder hat Aloe Blacc das nicht vergessen.

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