Preuß sorgt für Silber-Finale bei Biathlon-WM

Kontiolahti (dpa) - Nach einer emotionalen Siegerehrung für den Staffel-Triumph in Kontiolahti bescherte Franziska Preuß den deutschen WM-Biathleten auch noch ein unerwartetes Silber-Finale.

Preuß sorgt für Silber-Finale bei Biathlon-WM
Foto: dpa

Simon Schempp schwärmte auch nach der Medaillen-Nullnummer im abschließenden Massenstart noch immer vom Gemeinschafterlebnis am Vortag. „Das war das absolute Highlight“, sagte der deutsche Staffel-Schlussläufer. „Es war wirklich ein Halligalli, ein unbeschreibliches Gemeinschaftsgefühl in der ganzen Mannschaft. Daran werden wir ewig denken.“

Kaum war die Siegerehrung am Samstag zu Ende, da stürmten die deutschen Skijäger die Bühne. Von den beiden Gold-Staffeln mit Verfolgungsweltmeister Erik Lesser sowie den beiden Silbermedaillen-Gewinnerinnen Laura Dahlmeier und Franziska Preuß an der Spitze über die Trainer und Funktionäre bis hin zu den Servicemännern - das gesamte Team feierte und sang im Flutlicht auf dem Marktplatz in Joensuu wie im Vorjahr die deutschen Fußball-Weltmeister in Rio: „Die Nummer 1 der Welt sind wir.“

Es war eine Szene mit Symbolcharakter, schon vor dem unerwarteten Massenstart-Silber durch Franziska Preuß am Sonntag. Während die Männer beim Sieg des Slowenen Jakov Fak über die 15 Kilometer leer ausgingen, holte Preuß als Zweite hinter Walj Semerenko aus der Ukraine die fünfte deutsche Medaille in Finnland. „Ich genieße den Moment besonders, weil ich schon erfahren habe, wie es anders sein kann“, sagte die gerade erst 21 Jahre altgewordene Bayerin.

Nach der schwächsten WM und den schwächsten Olympischen Spielen überhaupt sind die deutschen Skijäger nun wieder voll da. „Geändert von den Personen hat sich eigentlich nicht viel. Aber wir haben hart daran gearbeitet, dass wir als Team zusammenwachsen, dass wir weiter unseren Weg verfolgen“, erklärt Björn Weisheit, beim Deutschen Skiverband der Sportliche Leiter Biathlon, die Erfolgsformel.

Neid und Missgunst sind Fremdwörter in der Biathlon-Nationalmannschaft. „Es gibt keine Reibereien, es gibt keine Nickligkeiten. Man neckt sich gerne, man hat Spaß zusammen“, sagt Lesser über das „Wir-Gefühl“. Und Preuß, die in Sotschi mit ihren Tränen nach ihrem Staffel-Pech irgendwie zum Sinnbild der Damen-Krise geworden war, stellte fest: „Wenn das Drumherum passt, dann macht alles viel mehr Spaß.“

Achtmal hatten die Skijäger seit der Wiedervereinigung die Medaillen-Wertung gewonnen. Diesmal wurde es Platz zwei hinter Frankreich. „Das war Werbung für den Biathlon-Sport“, sagte Weisheit. Nach den Rücktritten von Rekordweltmeisterin Magdalena Neuner und dem dreimaligen Olympiasieger Michael Greis hatte es 2013 in Nove Mesto nur einmal Silber und einmal Bronze gegeben. In Sotschi holten sich Lesser und die Männer-Staffel Silber.

Der Thüringer Lesser ist in Kontiolahti nach seinem Gold-Coup in der Verfolgung Doppel-Weltmeister. Der 26-Jährige wähnt sich im „geilsten Team der Welt“ und sagt: „Irgendwann wird der Fleißige belohnt für seine Arbeit.“

Mit viel Arbeit, ihrem Teamgeist, der nötigen Lockerheit und dem Quäntchen Glück hatten die Deutschen erstmals seit 18 Jahren beide WM-Staffeln gewonnen. Und so feierten die Gold-Mädels am Samstag Lesser, Daniel Böhm, Arnd Peiffer und Simon Schempp oben auf dem Siegerpodest. Wenig später stand das Männer-Quartett an gleicher Stelle und bejubelte Franziska Hildebrand, Franziska Preuß, Vanessa Hinz und Laura Dahlmeier auf der Bühne.

„Das ist etwas ganz Besonderes. Wir konnten uns erst die Damen anschauen, und dann selber oben stehen. Das war schon cool“, sagte Peiffer. „Was Schöneres gibt es nicht, wenn wirklich beide Mannschaftsteile so erfolgreich sind. Das gibt es nicht alle Tage“, befand die bereits mit Verfolgungssilber dekorierte Dahlmeier. Die WM schloss die 21-Jährige als Massenstart-Siebte direkt hinter Franziska Hildebrand ab. Bei den Männern schaffte es als Schempp als Achter in die Top Ten. Benedikt Doll wurde 16., Verfolgungsweltmeister Lesser 17. und Peiffer kam als 22. ins Ziel.

Männer-Coach Mark Kirchner, der am Vorabend mit einer Deutschland-Fahne auf den Schultern Arm in Arm mit seinem Disziplin-Trainer Andreas Stitzl das fröhliche Treiben genoss, war überwältigt von seinen Glücksgefühlen. „Wir haben nicht den Überflieger, aber wir haben gute Athleten, die das Herz am rechten Fleck haben, die bereit sind alles zu geben, die professionell sind, die sich weiterentwickeln wollen. Ich bin wirklich nur stolz auf dieses Team, dass sich in den letzten Jahren enorm entwickelt hat.“

Auch Damen-Bundestrainer Gerald Hönig schwebte auf Wolke sieben. „Das ist die Krönung einer tollen Saison, die man so im Herbst nicht erwartet hatte. Die Truppe ist gereift“, sagte er über sein junges Team, dem die Zukunft gehört. Frauen und Männer arbeiten bei Lehrgängen wieder öfter zusammen, und auch der Trainingsaufbau stimmt. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, stellt Kirchner fest.

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