Mit Teamgeist wieder Nummer 1 - Lesser: Lohn für Fleiß

Kontiolahti (dpa) - Kaum war die Siegerehrung zu Ende, da stürmten die deutschen Biathleten die Bühne.

Mit Teamgeist wieder Nummer 1 - Lesser: Lohn für Fleiß
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Von den beiden Gold-Staffeln mit Weltmeister Erik Lesser sowie den beiden Silbermedaillen-Gewinnerinnen Laura Dahlmeier und Franziska Preuß an der Spitze über die Trainer und Funktionäre bis hin zu den Servicemännern - das gesamte Team feierte und sang im Flutlicht auf dem Marktplatz in Joensuu wie im Vorjahr die deutschen Fußball-Weltmeister in Rio: „Die Nummer 1 der Welt sind wir.“

Es war eine Szene mit Symbolcharakter, schon vor dem furiosen Finale am Sonntag. Bei strahlendem Sonnenschein holte sich Franziska Preuß mit Silber im Massenstart hinter Walj Semerenko aus der Ukraine die fünfte deutsche Medaille in Finnland. „Das kann ich gar nicht fassen“, wunderte sich die gerade erst 21 Jahre altgewordene Bayerin.

Nach der schwächsten WM und den schwächsten Olympischen Spielen in der Geschichte sind die deutschen Skijäger wieder voll da. „Geändert von den Personen hat sich eigentlich nicht viel. Aber wir haben hart daran gearbeitet, dass wir als Team zusammenwachsen, dass wir weiter unseren Weg verfolgen“, erklärt Björn Weisheit, beim Deutschen Skiverband der Sportliche Leiter Biathlon, die Erfolgsformel.

Neid und Missgunst sind Fremdwörter in der Biathlon-Nationalmannschaft. „Es gibt keine Reibereien, es gibt keine Nickligkeiten. Man neckt sich gerne, man hat Spaß zusammen“, sagt Lesser über das „Wir-Gefühl“.

Achtmal hatten die Skijäger seit der Wiedervereinigung die Medaillen-Wertung gewonnen. Nach den Rücktritten von Rekordweltmeisterin Magdalena Neuner und dem dreimaligen Olympiasieger Michael Greis gab es 2013 in Nove Mesto nur einmal Silber und einmal Bronze. In Sotschi holten sich Lesser und die Männer-Staffel Silber.

Der Thüringer ist in Kontiolahti nach seinem Gold-Coup in der Verfolgung schon Doppel-Weltmeister. Der 26-Jährige wähnt sich im „geilsten Team der Welt“ und sagt: „Irgendwann wird der Fleißige belohnt für seine Arbeit.“

Mit viel Arbeit, ihrem Teamgeist, der nötigen Lockerheit und dem Quäntchen Glück hatten die Deutschen erstmals seit 18 Jahren beide WM-Staffeln gewonnen. Und so feierten die Gold-Mädels am Samstag Lesser, Daniel Böhm, Arnd Peiffer und Simon Schempp oben auf dem Siegerpodest. Wenig später stand das Männer-Quartett an gleicher Stelle und bejubelte Franziska Hildebrand, Franziska Preuß, Vanessa Hinz und Laura Dahlmeier auf der Bühne.

„Das ist etwas ganz Besonderes. Wir konnten uns erst die Damen anschauen, und dann selber oben stehen. Das war schon cool“, sagte Peiffer. „Was Schöneres gibt es nicht, wenn wirklich beide Mannschaftsteile so erfolgreich sind. Das gibt es nicht alle Tage“, befand die bereits mit Verfolgungssilber dekorierte Dahlmeier. Die WM schloss die 21 als Massenstart-Siebte direkt hinter Franziska Hildebrand ab.

„Das ist die Krönung einer tollen Saison, die man so im Herbst nicht erwartet hatte. Die Truppe ist gereift“, sagte Damen-Bundestrainer Gerald Hönig über sein junges Team, dem die Zukunft gehört.

Männer-Coach Mark Kirchner, der mit einer Deutschland-Fahne auf den Schultern Arm in Arm mit seinem Disziplin-Trainer Andreas Stitzl das fröhliche Treiben genoss, war überwältigt von seinen Glücksgefühlen. „Wir haben nicht den Überflieger, aber wir haben gute Athleten, die das Herz am rechten Fleck haben, die bereit sind alles zu geben, die professionell sind, die sich weiterentwickeln wollen. Ich bin wirklich nur stolz auf dieses Team, dass sich in den letzten Jahren enorm entwickelt hat.“

Frauen und Männer arbeiten bei Lehrgängen wieder öfter zusammen, und auch der Trainingsaufbau stimmt. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, stellt Kirchner fest. Für die Entspannung vom WM-Stress sorgten heiße Duelle auf eine vom Physiotherapeuten mitgebrachte Dartscheibe. „Die hat bei der WM die Lockerheit reingebracht, dass man sich bis Abends im Gemeinschaftsraum des Flures trifft und quasselt und einfach mal Biathlon vergisst“, sagte Lesser. Dann musste der 26-Jährige schmunzeln: „Aber unsere Treffergenauigkeit auf die Dartscheibe zu schieben, dass wäre vermessen.“

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