Parkinson: Leben mit der Nervenkrankheit

-Seit fünf Jahren wird Marianne Sattler behandelt, doch ihre Leidenszeit ist mindestens doppelt so lang.

Parkinson: Leben mit der Nervenkrankheit
Foto: Jochmann

Krefeld. „Ich muss damit leben, denn was soll ich sonst machen“, sagt Marianne Sattler. Sie hat die fortschreitende Nervenkrankheit Parkinson. Wenn man die 75-Jährige fragt, wann die Diagnose gestellt wurde, holt sie weit aus.

Die Bewohnerin der Kursana Residenz an der Hansastraße ist froh, aus ihrem Leben erzählen zu können. Auf dem Land in Gellep-Stratum aufgewachsen, hat sie schon in jungen Jahren bei der Arbeit auf dem Feld mitgeholfen. Später, während sie ihre zwei Söhne großzog, arbeitete sie als Haushälterin.

Vor zehn Jahren ging sie mit Rückenschmerzen zum Arzt. Dieser stellte Osteoporose fest. Ihr Rücken sei wie ein Schweizer Käse — „durchlöchert“, teilte der Arzt ihr mit. Trotz Schmerzen in Handgelenken und Rücken arbeitete die Frau noch weiter als Haushaltshilfe. Erst fünf Jahre später stellte ein Neurologe dann die Diagnose Parkinson.

Die späte Diagnose der Krankheit sei keine Seltenheit, erklärt der Pflegedienstleiter der ambulanten Abteilung der Kursana Residenz, André Weinberg. „Oft gehen Jahre verloren, bis die Diagnose Parkinson gestellt wird. Die meisten Leute gehen auch erst nur mit Rückenschmerzen zum Arzt.“ Dabei wäre eine frühe medikamentöse Behandlung wichtig, um die Symptome der Nervenkrankheit zu lindern.

Zu den Symptomen, unter denen auch Marianne Sattler leidet, gehören das Zittern der Hände (Tremor genannt) und teils krampfhafte Schmerzen an Gelenken, Muskeln und Rücken. Manchmal hat Marianne Sattler das Gefühl, dass „ein Brettchen auf die Organe drückt.“

Die Unsicherheit in der Beweglichkeit führte bei der 75-Jährigen zum Aufenthalt im Pflegeheim. Nach der Diagnose wurde sie zunächst durch einen Pflegedienst zu Hause versorgt. Doch eine Betreuung rund um die Uhr konnte so nicht gewährleistet werden. „Meine Jungs haben dann gesagt, dass ich nicht mehr alleine bleiben kann.“

In der Seniorenresidenz wird sie stationär betreut. . Auch die regelmäßig stattfindende Bewegungstherapie und Arztbesuche stehen auf dem Programm. Trotz der Rund-um-Betreuung fühlt sich Marianne Sattler manchmal einsam. Abhilfe bringt dann die Gemeinschaft mit der Zimmernachbarin. „Wir singen zusammen oder sagen Gedichte auf“, erzählt Sattler. Am meisten macht ihr die mangelnde Beweglichkeit zu schaffen. „Als ich hier ankam, habe ich mir alles genau angeguckt.“ Mittlerweile kann sie, je nach Tagesform, nur noch kurze Strecken alleine mit dem Rollator zurücklegen. Das macht sie durch geistige Beweglichkeit wett. „Ich lese gerne Texte über Tiere und religiöse Themen.“ Auch philosophische Texte haben es der 75-Jährigen angetan. Interessante Artikel schneidet sie aus und gibt sie ihrer Schwester, die einmal in der Woche zu Besuch kommt.

Das außerplanmäßige Kränzchen mit Kaffee und Keksen im — schon für das Mittagessen gedeckten — Speisesaal macht ihr sichtlich Spaß. Die forsche 75-Jährige nutzt die Gelegenheit, um Direktorin Angelika Hensen einen Vorschlag zu unterbreiten. „Ich würde gerne mal einen Ausflug mit einer Pferdekutsche machen“, sagt sie und fügt scherzend hinzu: „Warum sollen den nur alte Herren Planwagenfahrten machen?“

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