Lesung: Indien ist mehr als nur das glitzernde Bollywood

Die Autorin Baby Halder stellt ihr Buch in der Friedenskirche vor. Vom Leben in Armut.

Krefeld. Indien - ferne, fremde Welt. Was weiß man wirklich über das Leben dort? Filme, die hierzulande zu sehen sind, zeichnen keine realistischen Bilder von dem Land. Mit Bollywood hat es eine glitzernde Märchen-Industrie geschaffen, die große Epen erzählt. Tragische Liebesgeschichten zumeist, die den Blick auf Armut und Elend versperren sollen.

Die moderne indische Literatur jedoch setzt mit solch mutigen Projekten wie dem der aus Kalkutta stammenden Autorin Baby Halder andere Zeichen. Jetzt hat sie im Kulturpunkt Friedenskirche ihren Lebensbericht vorgestellt.

Eingeladen hatten der Arbeitskreis Dritte Welt, der Andere Buchladen, der Gemeindedienst für Mission und Ökumene. Halder wurde begleitet von ihrer Dolmetscherin Dalia Paul und ihrer indischen Verlegerin Preeti Gill.

Das Buch "Kein ganz gewöhnliches Leben" ist der ungeschönte und nüchterne Blick auf die Lebens-Stationen einer jungen Frau: In Armut aufgewachsen und mit zwölf Jahren von ihrem Vater verheiratet, bricht sie Jahre später nach vielen Demütigungen in ein ungewisses Leben auf. Allein mit ihren drei Kindern, gerade einmal 25 Jahre alt und völlig mittellos, setzt sie sich in den Zug Richtung Delhi - in der Hoffnung auf ein neues Leben in Selbstbestimmtheit.

Genügend Stoff also für eine ambitionierte Lesung und einen spannenden Abend, der zur Auseinandersetzung mit den Lebenswirklichkeiten in einem anderen Land einlädt - sollte man meinen. Leider waren die Textpassagen nicht klug gewählt.

Da half auch die schöne Idee wenig, die dreizehnjährige Marie Achterberg, Siegerin des diesjährigen Vorlesewettbewerbs der Krefelder Schulen, die Passagen aus der deutschen Fassung lesen zu lassen. Die Schülerin des Fichte-Gymnasiums las überzeugend und mit großer Ruhe - ein echtes Vorlesetalent, von dem man gerne noch mehr hören würde.

Doch Halders Buch blieb blass. Fragen aus dem Publikum, das gerne mehr erfahren hätte, wurden abgeblockt mit dem Hinweis darauf, dass man ja selber lesen könne. Da verging einem rasch die Lust, mit den Beteiligten ins Gespräch zu kommen. Dennoch: "Kein ganz gewöhnliches Leben" ist der lesenswerte Bericht einer mutigen jungen Frau, deren weitere Projekte - Baby Halders zweites Buch "Ein wenig hat sich verändert" ist gerade auf Bengalisch erschienen - man verfolgen sollte.

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