Food-Hotel: Im Bett mit dem Schoko-Prinzen

In Neuwied hat das erste Food-Hotel eröffnet. Der Name und die Marken sind Programm — und auch noch zweckmäßig.

Düsseldorf. Nein, geheimnisvolle Lautsprecher-Botschaften gibt es nicht. Niemand ruft seltsame Nachrichten wie etwa „Frau Meyer bitte 17!“ oder „Herr Müller zur Hygiene!“. Dabei ist das Supermarkt-Gefühl stets präsent und natürlich erwünscht. „Obwohl viele Menschen einkaufen im Alltag eher als lästige Notwendigkeit empfinden, bringen sie dem Thema hier bei uns sehr viel Sympathie entgegen“, sagt Peter Grünhäuser.

Dann dreht er auf der dritten Etage den Schlüssel in einem Türschloss und der staunende Gast steht plötzlich mitten in einem Zimmer, das aussieht wie die kunterbunte Werbe-Auslage eines Keksherstellers. Die „Prinzenrolle“ liegt als Nackenstütze griffbereit auf dem Bett, Keks-Kissen thronen auf dunkelblauen Sesseln zwischen denen ein schwerer Holztisch im markanten Design des runden Gebäcks steht — Schokoschicht inklusive. Grünhäuser (42) leitet das „Food-Hotel“ — eine Herberge mit vier Sternen, in der sich alles um den täglichen Konsum dreht.

Im September hat das Hotel im Zentrum von Neuwied am Rhein eröffnet. „Freizeitthemen wie Sport, Autos oder Kino gibt es doch reichlich“, schildert Direktor Grünhäuser. „Aber ein Supermarkt-Hotel, das ist wohl einzigartig auf der Welt.“

Zur Gründung dieses Hotels hat die reine Notwendigkeit geführt. Es steht nämlich auf dem Gelände der Bundesfachschule des Lebensmittelhandels. „Wir wollten eine günstige Unterkunft für die Teilnehmer von Seminaren und Lehrgängen schaffen“, erklärt Thorsten Fuchs (47), Leiter des Bildungszentrums und Erfinder des „Food-Hotels“.

„Die Fachschule ist bundesweit die einzige ihrer Art, jährlich werden bei uns mehr als 10 000 Auszubildende, Mitarbeiter und Führungskräfte aus dem Lebensmittelhandel geschult.“ Da dies allein wegen der schwankenden Auslastung den Bau einer kompletten Herberge nie gerechtfertigt hätte, habe man eben ein gehobenes Seminar- und Tagungshotel errichtet, das aber nicht nur Unternehmen, sondern auch dem Rheinland-Urlauber offen steht.

„Themenhotels bieten eine sehr gute Möglichkeit der Alleinstellung“, sagt Fuchs. „Das Supermarkt-Thema lag natürlich auf der Hand.“ Auf dem Grundstück befindet sich zudem ein 800 Quadratmeter großer Lehr-Supermarkt, der bisweilen als Drehort dient. Bald werde dort Thomas Gottschalk für einen neuen Fernseh-Spot vor der Kamera stehen, verrät Hotelchef Grünhäuser.

Der Troisdorfer begleitet das Projekt seit dem Rohbau. Zwischen 29,99 und 89,99 Euro kostet die Übernachtung im „Food-Hotel“, je nach Standard. 114 Zimmer mit 204 Betten hat es und eine Suite. 46 der Räume sind bestimmten Marken und Produkten gewidmet, die jeweiligen Unternehmen haben sie gestaltet und eingerichtet.

Und dafür fließt Geld: Sowohl für die Gestaltung als auch für die Herberge als Werbepartner. „Dafür dürfen diese Firmen die Zimmer dann auch jederzeit nutzen“, erklärt Grünhäuser. Der Gast wählt unterdessen zwischen den Kategorien „Preiseinstieg“ und „Premium“. Grünhäuser: „Favoriten haben unsere Gäste bisher noch nicht.“

Oft entscheide wohl die Stimmung darüber, welches Zimmer der Gast wünscht und dann bezieht. So gibt es nicht nur das gediegene Zimmer des Keksproduzenten, sondern auch das eher kühl gestaltete Zimmer eines Bierbrauers aus Meschede, während der Hersteller von Tortilla-Chips — ganz nach seiner Fernsehwerbung — auf Salzstangen freie Club-Atmosphäre setzt. Wer den roten Knopf an der Zimmerwand drückt, der bekommt sofort hämmernde Diskobeats und Flackerlicht, an der Decke dreht sich prompt eine Glitzerkugel.

Ganz in Schwarz und Weiß gehalten dagegen ist das eher edle Zimmer einer Großmetzgerei aus Osnabrück, die Appetit machen möchte auf Fleischpralinen mit Salamifüllung. Seit kurzem sind solche Waren auf dem Markt. Und natürlich hat ein weltweit bekannter Hersteller von Limonade im „Food-Hotel“ ebenfalls eingecheckt. Die Tagungsräume heißen „Kaffeekontor“, „Teespeicher“ und „Dosenküche“: Zwar haben sie ein Thema, doch sind sie frei von Werbung.

Das „Food-Hotel“, seit dem Beginn selbst ein Ausbildungsbetrieb, beherbergt im Erdgeschoss auch das „Marktbistro“. „Zubereitet werden die Speisen mit Waren, die wirklich jeder aus dem Supermarktregal kennt“, sagt Hotelgründer Thorsten Fuchs. Ein Ladenbauer hat dort ebenso deutliche Supermarkt-Akzente gesetzt.

Klar, dass die Preise krumm sind wie beim täglichen Einkauf: Ein Glas Wein kostet 2,49 Euro, Bier derweil 1,99, der Cheeseburger 8,88 und das Rumpsteak 14,99. Im Untergeschoss des Hotels ist derweil eine Bar untergebracht — „Bildungslücke“, so der vielversprechende Name. „Da schenken wir immer wieder Flaschenbier zu Sonderpreisen aus“, wirbt Fuchs. Für wenig Geld kann sich der Gast dort eine Tiefkühl-Pizza zum Flaschenbier aufbacken lassen.

Auf Eis gelegt aber ist der Wellness-Bereich. In einer „Tiefkühl-Sauna“ etwa sollen die Gäste eines Tages ins Schwitzen kommen, wenn ein Pizza-Ofen kräftig einheizt. „Dafür suchen wir noch einen Partner“, verrät Fuchs. Auch solle die Zahl der Themenzimmer weiterwachsen.

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