Kommentar Das Kita-Problem betrifft die ganze Gesellschaft

Die Lage in vielen Kitas in Deutschland ist extrem angespannt. Die OECD macht Handlungsvorschläge, wie man mehr Personal für die Kitas gewinnen kann. Die Politik sollte sie ernst nehmen.

 Wie kommen Kitas an mehr Personal? Die OECD legt dazu im Rahmen der Fachtagung ·Investitionen in Erzieherberufe - Investitionen in die Zukunft· einen Bericht mit Empfehlungen vor.

Wie kommen Kitas an mehr Personal? Die OECD legt dazu im Rahmen der Fachtagung ·Investitionen in Erzieherberufe - Investitionen in die Zukunft· einen Bericht mit Empfehlungen vor.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Mit dem Problem stehen die Kitas nicht allein: Fachkräftemangel, dieses Wort, das so abstrakt klingt, ist in den verschiedensten Bereichen schmerzhaft zu spüren. Wir kennen das aus der Pflege, wo es dramatisch zu wenig Personal gibt. Wir kennen es aus dem Handwerk. Es werden händeringend Lehrer gesucht. Doch der Mangel setzt noch früher an – bei der frühkindlichen Bildung.

Mit bösen Folgen. Stimmt es hier nicht, so wird ein wichtiger Baustein für den weiteren Lebensverlauf vernachlässigt. Wenn Politik und Träger es nicht schaffen, hier genügend Personal zu rekrutieren, bleibt es beim bisherigen Teufelskreis: schlechte Arbeitsbedingungen, die auch gutwillige Interessenten für diesen „besten Job der Welt“ (Zitat einer norwegischen Rekrutierungskampagne) abschrecken.

Die OECD hat der Politik Handlungsvorschläge an die Hand gegeben. Maßnahmen, die gewaltige Investitionen erfordern. Aber ohne diese kann es später noch viel teurer werden. Wenn nämlich in der Kita nicht die für alles weitere entscheidende Basis nicht gelegt wird. Die Interessen der Erzieherinnen und Erzieher, mit dem Problem der personellen Unterversorgung und dem damit bei ihnen verursachten Stress nicht allein gelassen zu werden, sind deckungsgleich mit den Interessen der Gesellschaft für eine qualitativ gute Versorgung.

Eine Gesellschaft, in der es  anders als noch vor ein paar Jahrzehnten oft gar nicht anders geht, als dass beide Elternteile berufstätig sind, um wirtschaftlich über die Runden zu kommen. Wenn das aber so ist, dann muss eben diese Gesellschaft helfen und damit in ihre eigene Zukunft investieren. Da sollte es ein elementares Anliegen sein, Kindern überall die gleichen Chancen zu geben. Unabhängig von Wohnort und Geldbeutel der Eltern. Es darf kein Windhundrennen um die Arbeitskräfte geben.

Eben solche Auswüchse gibt es aber längst. In Düsseldorf wurde kürzlich der Fall eines jungen Mannes bekannt, der als Erzieher in einer DRK-Kita arbeitete. Bis ihn ein Headhunter kontaktierte. Ein Berater, den man eigentlich aus der Vermittlung von Managerposten kennt. Es ging um das Angebot einer Zeitarbeitsfimra, die ihn wechselweise in verschiedenen Kitas einsetzen wollte und ihm neben dem Gehalt auch noch ein berufsbegleitendes Studium plus Firmenwagen finanzierte. Dass er da nicht widerstehen konnte, ist ihm nicht zu verübeln. Aber es zeigt doch auch, wie ernst die Situation ist, die man übrigens auch aus dem Pflegebereich kennt, in dem Einrichtungen der stationären Pflege Mitarbeiter der ambulanten Pflege abwerben. Solch’ Kannibalisierung kann nicht die Lösung sein. Sonst wird alles immer nur noch schlimmer.

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