In Deutschland Warum Rentner immer mehr Steuern zahlen müssen

Berlin · Jeder vierte Ruheständler ist von dem Systemwechsel betroffen. Ein Ärgernis muss die Änderung aber nicht sein, sagen Experten.

 Symbolbild.

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Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Von den rund 21,2 Millionen Rentnern in Deutschland musste 2015 mehr als jeder Vierte Einkommensteuer ans Finanzamt abführen. Insgesamt waren das 5,8 Millionen Ruheständler, wie das Statistische Bundesamt jetzt in einer Datenübersicht mitteilte. Und in Zukunft wird die Zahl der steuerpflichtigen Rentner weiter steigen. Dazu die wichtigsten Fakten und Hintergründe:

Warum zahlen immer mehr Rentner Steuern?

Die Ursache ist ein vom Bundesverfassungsgericht angemahnter Systemwechsel, der seit 2005 stufenweise bis zum Jahr 2040 umgesetzt wird. Im Kern handelt es sich um den Übergang von einer vorgelagerten zu einer nachgelagerten Besteuerung. Das bedeutet: Die Rentenbeiträge der Beschäftigten werden schrittweise steuerfrei gestellt. Im Gegenzug werden die Auszahlungen im Rentenalter zunehmend steuerlich belastet.

Ist das Verfahren ein Grund zum Ärgernis?

Nein. Nach Einschätzung der Deutschen Rentenversicherung ist die nachgelagerte Rentenbesteuerung in der Regel sogar von Vorteil. Denn mit den Aufwendungen für die Altersvorsorge kann die Steuerbelastung während der Berufszeit deutlich abgemildert werden. Dagegen seien die Bezüge im Alter geringer und damit auch die Steuerlast. Ende 2018 betrug der durchschnittliche Zahlbetrag der gesetzlichen Altersrente – Kranken- und Pflegeversicherung sind dabei schon abgezogen – pro Monat 1219 Euro. Das ist eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um drei Prozent.

Wer muss wie viel versteuern?

Wer bis 2005 in Rente gegangen ist, muss 50 Prozent seiner Rente versteuern. Bei einer Person, die 2019 in Rente geht, sind es bereits 78 Prozent. Dieser persönliche Rentenfreibetrag von hier 22 Prozent bleibt auch trotz der jährlichen Rentenerhöhungen fix. Für Neurentner wird der steuerfreie Anteil ihrer Rente in Zukunft immer kleiner. Von 2040 an unterliegt sie der vollen Besteuerung.

Wann kommt es zur Steuerpflicht?

Rentner sind grundsätzlich zur Abgabe einer Steuererklärung angehalten, wenn der steuerpflichtige Teil ihrer Jahresbruttorente den sogenannten Grundfreibetrag, also das einkommensteuerliche Existenzminimum, übersteigt. Wer darunter bleibt und keine anderen Einkünfte hat, zahlt auch keine Steuern. Wer zum Beispiel im Jahr 2018 in Rente ging, muss 76 Prozent seiner Rente versteuern. Bei einer Jahresbruttorente von angenommen 12 000 Euro wären das also 9120 Euro. Wegen des aktuell geltenden Grundfreibetrags in Höhe von 9168 Euro fallen im Jahr 2019 keine Steuern auf diese Rente an.

Welche Rolle spielen die Rentner beim Steueraufkommen?

Das Volumen aller ausgezahlten Renten, also der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersbezüge, betrug 2015 rund 278 Milliarden Euro. Davon wurden 43,4 Milliarden Euro (16 Prozent) tatsächlich besteuert. Insgesamt zahlten die Rentner 34,6 Milliarden Euro. In dieser Summe sind auch die Steuern auf weitere Einkünfte wie Zinsen oder Mieteinahmen berücksichtigt.

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