Waldkindergarten Wuppertaler Kitakinder lieben den Regen

Heidt · Im Waldkindergarten an der Forestastraße wird nicht zwischen gutem und schlechtem Wetter unterschieden. Denn die Natur bietet immer etwas zum Entdecken.

 Die Kinder um Sven Beba erleben den Wald mit allen Sinnen.

Die Kinder um Sven Beba erleben den Wald mit allen Sinnen.

Foto: Fischer, Andreas

. Was machen die Kinder im Waldkindergarten eigentlich, wenn es mal wieder regnet in Wuppertal? Diese Frage hat Sven Beba, Leiter des Waldkindergartens Wuppertal an der Forestastraße, schon häufig gehört. Und er hat eine schnelle Antwort parat: „Regen finden die Kinder super, da können sie mit Matsch spielen und Bäche bauen.“ Und wenn die Klamotten mal zu nass werden, dann hat jedes Kind eine Kiste mit Wechselsachen im Toilettenhäuschen stehen. Wer doch mal drinnen sein möchte, kann im kleinen Aufenthaltsbauwagen genauso basteln, malen oder Bücher anschauen wie in anderen Kindergärten auch. Doch im Waldkindergarten wollten die Kinder ohnehin fast nur draußen sein, so Beba.

Seit mittlerweile fünf Jahren gibt es den nach eigenen Angaben ersten Waldkindergarten in Wuppertal. Erzieher Sven Beba hatte es sich damals zum Ziel gesetzt, einen eigenen Waldkindergarten zu eröffnen. Er suchte nach einem ruhigen städtischen Waldstück, das gut erreichbar ist. Und wurde im Barmer Wald zwischen Heckinghausen und Heidt nahe des Murmelbachtals fündig. Ein idealer Ort: Kaum Straßengeräusche dringen zu dem Waldstück vor, in dem auf einem eingezäunten Gelände ein Bauwagen und ein paar kleine Hütten stehen. Baumstümpfe laden zum Sitzkreis ein und am Zaun hängt ein Schild mit dem einen der sieben Spielorte im Wald, den die Kinder für diesen Tag ausgewählt haben. „Dann wissen die Eltern immer, wo wir sind“, sagt Beba.

Neue Kinder, die mit drei Jahren in den Waldkindergarten kommen, werden erst einmal auf dem sogenannten Anfangsplatz mit den Baumstümpfen begrüßt. Erst nach etwa vier Wochen geht es dann auch zu den Spielorten im Wald. „Wir lassen die Eltern mit rein – unter der Voraussetzung, dass sie sich zurückhalten“, erklärt Sven Beba.

Das „Tageskind“ ist immer der Anführer

Denn das Bedürfnis der Kinder nach Bindung zu berücksichtigen, sei zentraler Bestandteil des Konzepts. Ein Kind, dem das Loslassen der Eltern schwerfällt oder dessen Eltern das Loslassen schwerfällt, könne nicht entspannt in den Kindergarten gehen, so Beba. Wenn die Kinder dann sehen, dass die Eltern in der Nähe sind, fühlten sie sich sicher. „Dann laufen Kinder von alleine los und sind neugierig“, ist Bebas Erfahrung.

Mit der Zeit entwickelten sich dann die Erzieher immer mehr zu Bindungspersonen. Doch sie blieben „Begleiter“, so Beba. Sie leisteten keine motorischen Hilfen, sondern geben den Kindern Vertrauen und Zutrauen in ihre Fähigkeiten mit und sind natürlich immer als Ansprechpartner da. Zweite Säule des Konzepts ist die Natur. „Alles, was Kinder brauchen, finden sie in der Natur“, sagt Beba. Langeweile komme bei den Kindern im Wald nicht auf. Denn dort gebe es so viel zu entdecken. Bausteine aus Plastik fühlten sich immer gleich an, jedes Stück Holz im Wald sei dagegen unterschiedlich und rege die Sinne an. Wenn Bindung und Wald vorhanden seien, entwickelten sich Ganzheitlichkeit und Selbstständigkeit bei den Kindern von selbst. Ganzheitlichkeit meint das Lernen mit allen Sinnen, Selbstständigkeit wird gefördert, aber nicht gefordert.

Dazu kommt ein fester Rahmen aus Ritualen und Grenzen. Im Morgenkreis begrüßen sich alle und das „Tageskind“, das an diesem Tag der Anführer ist, entscheidet, zu welchem Platz im Wald es geht. An jedem der sieben Plätze im Wald wüssten die Kinder, wo die Grenze sei, sagt Beba und zeigt dabei auf die Büsche am Spielort des Tages. Mittags wird auf einem Essensplatz mit Baumstämmen das selbst mitgebrachte Essen aus dem Henkelmann verspeist, dabei herrscht von einer Sanduhr angezeigte zehn Minuten lang Stille, bevor wieder geredet werden darf. „Die festen Abläufe geben den Kindern Halt, Geborgenheit, Verlässlichkeit und Sicherheit“, sagt Beba. Die Erzieher achteten zudem auf ein gutes soziales Miteinander. „Das Wohlsein des Einzelnen endet, wo das Wohlsein des anderen verletzt wird“, erklärt Beba. Und auch als emotionale Begleiter seien die Erzieher da. Beba hält es für sehr wichtig, dass Gefühle nicht unterdrückt werden. Bei Konflikten oder wenn die Kinder Trost wünschten, seien die Erzieher da, ansonsten hielten sie sich aber raus.

Das Konzept Waldkindergarten wirke, das zeigten Studien und die Rückmeldungen der Schulen. Viele Kinder aus dem Waldkindergarten seien überdurchschnittlich entwickelt, hört Beba immer wieder. Eltern und Großeltern sind ebenfalls überzeugt. „Die Kinder haben so eine schöne Fantasie entwickelt“, sagt Oma Beate Rohrmann, die ihre Enkel Jana und Lina an diesem Tag vom Kindergarten abholt. „Mein Kind ist körperlich fitter und geschickter geworden und bei besserer Gesundheit“, sagt Mutter Julia Steinberg.

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