Besuch bei der Spinnen-Frau

Vor Jahren hat Jutta Fieseler eine Vogelspinne gerettet — mittlerweile züchtet sie die exotischen Tiere.

Lichtscheid. Für das Foto ihre Lieblinge aus den Terrarien holen? „Auf keinen Fall“, sagt Jutta Fieseler. „Das würde meine Spinnen doch sehr stören und die Tiere stressen.“ Außerdem seien sie ja viel zu wertvoll. Das typische Bild mit einer auf dem Arm laufenden großen Vogelspinne, das auch der Laie aus den Medien kennt, gibt es bei der 53-Jährigen also nicht. „Dafür werden sonst auch meist die Böcke, also die Männchen genommen“, erklärt Fieseler. Die Herren der Schöpfung sind nämlich längst nicht so wertvoll, werden lange nicht so alt — und sind meist auch nicht so ansehnlich wie die Damen.

„Ist die nicht schön?“, fragt Fieseler beim Rundgang durch ihren Keller immer wieder, zeigt auf eins der achtbeinigen Geschöpfe und präsentiert die lateinischen, meist zungenbrecher-ähnlichen Gattungsnamen der Spinnen. Ruhig hocken die meisten hinter Glas und lassen sich von dem Besuch davor kaum aus der Ruhe bringen. Zu übersehen sind die meisten der Spinnen nicht. Bis zu 30 Zentimeter — mit ausgestreckten Beinen — messen die größten Exemplare. Zartbesaitete Gemüter, die schon beim kleinen einheimischen „Spinnchen“ laut aufschreien, dürften da schnell Reißaus nehmen.

Fieseler kann darüber nur lächeln. Ein bisschen Respekt vor den Tieren, ja, der gehöre dazu. „Dass jemand Angst vor Spinnen hat, kann ich aber nicht nachvollziehen.“ Gebissen worden sei sie noch nie. „Die meisten der Vogelspinnen sind doch sehr friedlich.“ Und so schön, betont die 53-Jährige. Zugegeben, unter dem Licht der Taschenlampe erschließt sich die ganze Farbenpracht ihrer Schützlinge, die nur auf den ersten Blick grau-schwarz und langweilig erscheinen. Auffallend blau-weiß schimmert etwa die „monocentropus balfouri“. Für Laien hat Fieseler aber auch eine etwas einfacher zu merkende Bezeichnung parat: „Schalke-Spinne“.

Wenn man sich auf Spinnen einlasse, werde man schnell süchtig, sagt die Züchterin. Ende der 70er Jahre, zum Ende ihrer Schulzeit, wurde sie infiziert. Auf dem Schulweg kam sie jeden Tag an einem Zoogeschäft vorbei, das als exotischen Hingucker eine Vogelspinne im Schaufenster präsentierte — gemeinsam mit einer Schlange im Terrarium. Keine guten Bedingungen, was die tierliebende junge Frau damals auch mehrfach anprangerte.

Irgendwann muss der Herr wohl genug gehabt haben — und drückte Fieseler ein Kästchen mit der Spinne in die Hand. Friedolin wurde sie getauft — erst später stellte sich heraus, dass der Bock eigentlich ein Weibchen war. „Es ist sehr alt geworden“, erinnert sie sich.

„Richtig“ züchtet Fieseler, die früher gerne Tierärztin geworden wäre und unzählige Fachbücher über Spinnen gewälzt hat, erst seit ein paar Jahren. Seitdem kontrolliert sie mehrmals täglich die Bestände, achtet darauf, dass jede Spinne genug zu fressen hat und sich die Tiere wie erhofft häuten. Schwache Exemplare werden wieder aufgepäppelt — gerne auch mal im Extra-Quarantäne-Terrarium. Verschickt wird per Post, „ganz vorsichtig verpackt, und nie bei Frost“. Meistens geben die Kunden aber vorab Bestellungen auf und man treffe sich dann auf Börsen, sagt Fieseler. Wildfänge sind bei ihr tabu. „Ich habe nur Nachzüchtungen.“ Dreistellige Beträge bringen einige besonders seltene, ausgewachsene Exemplare.

Während die älteren Tiere in Terrarien in speziellen Zuchträumen im Keller leben, hat der manchmal noch millimeter kleine Nachwuchs seinen Platz im Arbeitszimmer — fein aufgereiht in diversen Döschen, die ein ganzes Regal füllen. Ein Blick in den PC und Fieseler weiß immer ganz genau, wieviele Spinnen sie hat. „Es sind tausende, aber alle per Hand gezählt.“

Wer einmal eine Spinne gekauft habe, komme schnell wieder. „Es bleibt nie bei nur einem Tier“, weiß Fieseler bestens aus eigener Erfahrung.

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