Wuppertaler Sportgespräche: Sorge um die Kinder wächst

Übergewichtige Schüler und falsche Ernährung – Eltern und Lehrer sollten schleunigst umdenken.

Wuppertal. Über die Bildungschancen der Kinder in Deutschland wurde nach der Pisa- und diverser anderer Studien ausdauernd diskutiert. Zugleich wurden viele Anstrengungen unternommen, den Nachwuchs geistig fit für den internationalen Wettbewerb zu machen. Dass es um die körperliche Fitness zunehmend schlechter bestellt ist, scheint bisher eine eher nachgeordnete Frage zu sein.

Bei den Wuppertaler Sportgesprächen zum Thema "Bewegen statt Sitzenbleiben. Bewegungsnotstand in Wuppertal?" stand am Ende die wachsende Sorge um die Gesundheit der Kinder. Die Berichte der Experten über die gesundheitliche Verfassung lassen wenig positives für die Zukunft erwarten. Zahlreiche Statistiken und Beobachtungen wurden angeführt, die alle gemeinsam haben, dass die Zahl der übergewichtigen Kinder mit motorischen Defiziten rapide wächst. "Es treten inzwischen Krankheiten auf, die wir früher bei Kindern gar nicht kannten", erklärte der Kinderarzt Hans-Georg von Dehn. Jedes fünfte Kind sei schon zur Einschulung übergewichtig.

Die Lust an der Bewegung - wie sie für Kinder eigentlich selbstverständlich sein müsste - wird in vielen Familien durch die Angst vor Bewegung und eventuell damit verbundener Gefahren abgelöst. "Früher sind wir von einer Mauer gesprungen oder auf einen Baum geklettert. Solche Erfahrungen fehlen heute, da ist der "Sprung aus den Wolken" im Sportunterricht schon eine besondere Attraktion", berichtet Ralf Gossmann für den Schulsportausschuss.

Bewegungsängste und Bequemlichkeit werden von den Eltern an die Kinder weitergegeben. Falsche Vorbilder sind die Eltern aber auch in Bezug auf die Ernährung. "Bewegung ist für Kinder von essentieller Bedeutung. Es muss kein Leistungssport sein", meinte der frühere Schwimm-Weltmeister Mark Warnecke, der sich selbst im Rückblick als bewegungsfaules Kind beschreibt. "Bei Erwachsenen halte ich die richtige Ernährung für den wichtigeren Faktor. Was bringt mir eine Stunde auf dem Stepper, wenn ich mit einem Zucker-Durstlöscher die Kalorien gleich wieder nachschiebe", gab Warnecke zu bedenken.

Eine Stunde auf dem Stepper - solche Ausmaße hat das Treiben in den Schulsporthallen in der Regel nicht. "Auf gerade einmal sieben Minuten Bewegungszeit bringt es der durchschnittliche Schüler in der durchschnittlichen Sportstunde", rechnete Ralf Beckmann, früherer Schwimmwart des Deutschen Schwimmverbandes, vor. Es gibt Ausnahmen und Auswege, die Moderator Martin Schneider und seine Gäste vorstellten. So zum Beispiel das Projekt "Cool im Pool" - die tägliche Schwimmstunde der Grundschule Küllenhahn vor dem Unterricht. Oder die preisgekrönte Kindersportakademie des SVBayer Wuppertal und der Bewegungskindergarten Kirchhofstraße. Siegfried Jähne, Regionaldirektor der AOK, wies auf den Wert der Vorbeugung schon im jungen Alter hin. Sollte das Umdenken und umlenken nicht gelingen, dann würden die Kosten zur Behebung der Folgeschäden bald nicht mehr finanzierbar sein. "Jeder sollte erkennen, dass er für seine Gesundheit im großen Maße selbst verantwortlich ist", meinte Jähne.

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