Wuppertal „Probleme reichen zurück bis zum Krieg“

Oberbarmen · Interview Heiko Schnickmann will sich mit dem Bürgerforum für Verbesserungen in Oberbarmen einsetzen.

 Oberbarmen hat schöne Straßenzüge zu bieten wie etwa die Sonntagsstraße.

Oberbarmen hat schöne Straßenzüge zu bieten wie etwa die Sonntagsstraße.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Heiko Schnickmann ist seit September Vorsitzender des Bürgerforums Oberbarmen. Die WZ sprach mit dem 35-Jährigen über die Historie des Quartiers und die Aufgaben für die Zukunft.

Oberbarmen hat im Rest von Wuppertal einen schlechten Ruf. Woran liegt das?

Heiko Schnickmann: Für diesen schlechten Ruf gibt es mehrere Gründe. Es mag daran liegen, dass ich Historiker bin, dass ich dafür in der Vergangenheit Erklärungen suche, die sich aber bis in die Gegenwart ziehen. Der Zweite Weltkrieg führte zu einer unzureichenden Stadtplanung, das führte zu einem sozialem Wandel, der von Alteingesessenen als nicht positiv bewertet wurde, so dass diese wegziehen.

Was sind die Konsequenzen dieser Entwicklung?

Schnickmann: Die Mieten sinken, was Investitionen kaum möglich macht, was zu weiteren Mietsenkungen führt. Das Jobcenter nutzt das und siedelt viele von ihm abhängige Menschen in diesem Gebiet an. Darunter sind viele Familien mit jungen Kindern. Da Armut in Deutschland vererbt wird, bestehen kaum Möglichkeiten, dass die Kinder sozial aufsteigen.

Das klingt nach einem Teufelskreis.

Schnickmann: Durchaus. Da die Kinder keine Zukunft und Sicherheit haben, passieren zahlreiche Verbrechen — die von den Pressemenschen der Ordnungsbehörden verbreitet werden. Die engagierten Menschen werden weniger und älter, haben keine Zeit für und/oder keine Ahnung von eine/r Pressearbeit, so dass in der Berichterstattung das Negative überwiegt und das Positive wegfällt.

Aber Oberbarmen ist oft auch mit positiven Geschichten in den Medien, zum Beispiel durch das Bürgerforum.

Schnickmann: Ja, aber wenn über Oberbarmen berichtet wird, dann oftmals im Zusammenhang mit öffentlichen geförderten Sozialprojekten, was aber den Eindruck verstärkt, dass man in Oberbarmen keine Ahnung davon hat, wie man es alleine schaffen soll. So entsteht ein schlechter Ruf, der natürlich auch etwas mit (gefühlten) Realitäten zu tun hat.

Das klingt alles in allem nach einer sehr pessimistischen Einschätzung — um nicht zu sagen ausweglos. Was kann das Bürgerforum machen?

Schnickmann: Eine wichtige Aufgabe eines Bürgervereins ist es, die Akteure im Stadtteil zu vernetzen. Die andere, auch die Dinge, die schön im Quartier sind, hervorzuheben. Elberfeld hat zum Beispiel lange nicht so einen schlechten Ruf. Dabei ist die Platte dort auch nicht schön.

Was würden Sie denn in Oberbarmen als schön präsentieren?

Schnickmann: Zum Beispiel einzelne Straßenzüge wie an der Sonntagstraße. Häuser aus der Jahrhundertwende, was wirklich toll aussieht. Oder den Wupperfelder Markt, der auch zum Bereich des Bürgerforums gehört. Das ist wirklich ein Kleinod. Außerdem ist das Engagement der Menschen großartig. Zum Langen Tisch im Juni 2019 machen wir auf dem Berliner Platz ein inklusives Sportfest, das in wenigen Tagen von uns organisiert werden konnte. Oder die wunderbare Immanuelskirche und ihr Team.

Stichwort „Soziale Stadt“: Wie wichtig ist so ein Förderprogramm?

Schnickmann: Natürlich sehr wichtig. Darüber haben wir die Möglichkeit, Dinge zu gestalten. Es hängt aber auch von den Menschen und Initiativen im Quartier ab. Die ISG Oberbarmen – Berliner Straße zum Beispiel arbeitet derzeit an einem Konzept für den Wuppertaler Markt, was das Pflaster dort angeht.

Wie kam Ihr Engagement für das Bürgerforum zustande?

Schnickmann: Ich habe mich als Historiker viel mit der Geschichte von Wichlinghausen beschäftigt. Der Begriff Oberbarmen bezeichnet ja zum einen den Bereich um den Berliner Platz, aber auch den Bezirk Oberbarmen — zu dem Wichlinghausen, Nächstebreck, wo ich auch in den Bürgervereinen aktiv bin, und Schellenbeck gehören. Ich bin der Meinung, dass sich das Bürgerforum nicht nur um das Quartier Oberbarmen kümmern sollte.

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