Arge darf Hauptschüler nicht mehr gezielt fördern

Bund will Standard-Pakete statt individuelle Projekte. Arge-Chef Thomas Lenz: 50 Prozent der Maßnahmen im Tal sind betroffen.

Wuppertal. Nicht nur für Arge-Chef Thomas Lenz ist es ein Unding: Auf Anweisung der Bundesagentur für Arbeit darf die Arge Wuppertal ab 1. August die Nachhilfe-Einrichtung Fidz. e.V. "Fit in die Zukunft" nicht mehr fördern.

Bei Fidz bekommen derzeit rund 100 Wuppertaler Jugendliche ab 15 Jahren individuelle Nachhilfe, die sie auf einen Schulabschluss vorbereiten sollen. Auch die Hauptschul-Kurse bei der Volkshochschule mit weiteren 100 Plätzen stehen vor dem Aus. Sie können in der jetzigen Form nicht fortgeführt werden.

Die Jugendlichen - zumeist Haupt- und Förderschüler - leben von Hartz IV, deshalb übernimmt die Arge die Kosten für die Förderung. Doch damit ist jetzt Schluss: "Die Entscheidung ist desaströs", sagt Arge-Chef Lenz. Der Bund wolle sich auf ein Standardpaket an Maßnahmen konzentrieren, die auf den ersten Arbeitsmarkt abzielen, wie etwa ein klassisches Bewerbertraining.

Das Nachsehen haben bewährte Projekte, die auf die Situation der Menschen in Wuppertal eingehen und in die lokale Infrastruktur und Trägerschaft, eingebunden sind. Gerade im Tal gibt es viele erfolgreiche Projekte dieser Art.

Behält die Bundesagentur ihren Kurs bei, nimmt die Entscheidung drastische Ausmaße an: Neben Fidz sind nämlich noch viele weitere Angebote betroffen. Arge-Chef Lenz spricht von "rund 50 Prozent der Maßnahmen, die die Arge an speziellen Problemgruppen" ausrichtet. Sie alle sind von der Bundes-Anweisung bedroht. Derzeit überprüft die Bundesagentur, ob weitere Projekte wegfallen.

Absurd: Das Angebot der Bundesagentur passt für ein Großteil der Arge-Klienten im Tal vorne und hinten nicht. "Wir haben viele Menschen ohne Abschluss, mit gesundheitlichen und anderen Einschränkungen. Wie sollen wir Alleinerziehende, Drogenabhängige und psychisch Kranke in diese Standard-Maßnahmen pressen?", fragt sich Lenz.

Dabei seien die individuellen Fördermaßnahmen alles andere als ein "Kaffekränzchen". 20 bis 30 Prozent der Teilnehmer schaffen laut Lenz den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt. "Individuelle Förderung ist die beste Basis für berufliche Integration - und genau das sollen wir doch eigentlich leisten."

Auch Sozialdezernent Stefan Kühn empfindet die Anweisung der Bundesagentur als "skandalös". "Das geht knallhart zu Ungunsten der Jugendlichen."

Übrigens: Mit ihrer Kritik stehen die Wuppertaler keineswegs allein. Auch die anderen betroffenen Kommunen und die Fachverbände schlagen Alarm. Und der zuständige Bundestagsausschuss hat bereits massive Bedenken geäußert.

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