Autorin Sharon Dodua Otoo bei der Literatur Biennale Adas Identitätswechsel durch Raum und Zeit

Schwelm · Autorin Sharon Dodua Otoo spricht bei der Literatur Biennale über ihr Buch.

 Sharon Dodua Otoo (links) mit Biennale-Patin Mithu Sanyal (rechts). Beide haben ihre Bücher zum Thema mitgebracht.

Sharon Dodua Otoo (links) mit Biennale-Patin Mithu Sanyal (rechts). Beide haben ihre Bücher zum Thema mitgebracht.

Foto: ANNA SCHWARTZ

Man könnte fast meinen, Sharon Dodua Otoo hätte „Adas Raum“ für die Wuppertaler Literatur Biennale geschrieben. „Zuschreibungen“ ist das Thema des diesjährigen Literaturfestivals, und noch bis zum 10. September steht Literatur auf dem Programm, die Identität erzählt. Darum geht es auch der deutsch-britischen Schriftstellerin in ihrem 2021 erschienenen Debütroman. Nur ist die Identität der Titelfigur denkbar fließend. Darum können Leser vier verschiedene „Adas“ ausmachen. Genauso gut aber auch eine multidimensionale Persönlichkeit, die ihre Gestalt durch Jahrhunderte und über Kontinente hinweg verändert.

Von einem „besonderen Buch“ spricht Julia Wessel, Kuratorin der Literatur Biennale. Wessel war es auch, die die Lesung aus „Adas Raum“ in der Immanuelskirche einleitete. In flüssigem Parlando-Ton erzählte Dodua Otoo hier von Adas Gang durch die Weltgeschichte: Die erlebt die Ankunft der Portugiesen an der Goldküste, dem heutigen Ghana. Wie die historische Ada Lovelace wird sie im London des 19. Jahrhunderts zur Computerpionierin. 1945 muss sie als Zwangsprostituierte in einem KZ ums Überleben kämpfen. Und im Deutschland der Gegenwart sucht sie eine Wohnung für sich und ihr Baby.

So unterschiedlich die Ada-Figuren auch sein mögen – sie alle teilen Diskriminierungserfahrungen. Deshalb, sagte die Autorin im Gespräch mit Moderatorin Marija Bakker (WDR), habe sie selbst beim Schreiben „Zuschreibungen“ vermieden, die diskriminierend wirken könnten. „Flüchtling“ zum Beispiel gehöre nicht zu ihrem Wortschatz, da bei dem Wort die „Verdinglichung von Menschen“ mitschwinge. Dass Zuschreibungen meist zu kurz greifen, zeigt nicht zuletzt ihre Biografie. Die Heimat von Dodua Otoo, die 1972 in London als Tochter ghanaischer Eltern geboren wurde, ist schon lange in Berlin. Ihre Entscheidung, auf Deutsch zu schreiben, sorgte für den literarischen Durchbruch: 2016 erhielt sie den Ingeborg-Bachmann-Preis.

Mit Blick auf das Festivalmotto fragte Bakker ihre Gesprächspartnerin, ob „kollektive Identitäten“ heute noch etwas taugten. Durch den Austausch gemeinsamer Erfahrungen, so Dodua Otoo, könnten Kollektive durchaus positiv wirken. Sie verwies auf das von ihr im Frühjahr organisierte „Schwarze Literaturfestival“. Es könne ein Beitrag dazu sein, „dass viel mehr Menschen an der Literatur teilhaben“ – ein Ansatz, auf den das Publikum in der Immanuelskirche mit stürmischem Applaus reagierte.

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