Augustinus-Forum in Neuss Ehemalige Ministerin Zeul spricht im Augustinus-Forum über Afrika

Neuss. · Bei der Diskussion ging es auch um europäische Verantwortung.

 Uwe Schulz, Simon Nicolas Aschoff, Heidemarie Wieczorek-Zeul und Pirmin Spiegel nahmen an der Podiumsdiskussion teil.

Uwe Schulz, Simon Nicolas Aschoff, Heidemarie Wieczorek-Zeul und Pirmin Spiegel nahmen an der Podiumsdiskussion teil.

Foto: Georg Salzburg(salz)

„Der unbekannte Kontinent Afrika“ lautete jetzt das Thema des Augustinus-Forums. Rund 400 Menschen wollten hören, was Fachleute wie der Vorstandsvorsitzende des Hilfswerks Misereor oder die frühere Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul zu sagen hatten.

Berthold Bonekamp, Vorsitzender des Kuratoriums, sprach von einem „faszinierenden Kontinent mit vielen Problemen und Herausforderungen“. Für Michael Schlagheck, Leiter des Augustinus-Forums, ist der Kontinent mit den 54 Staaten und mehr als 3000 Bevölkerungsgruppen „kein hoffnungsloser Fall“. Im Laufe des Abends wurde deutlich, dass die EU mit ihren Mitgliedsstaaten einiges tun könne, um die Lage in afrikanischen Ländern zu verbessern – Pirmin Spiegel beschrieb, wie ein von seiner Hilfsorganisation begleitetes Projekt in Burkina Faso zunichte gemacht wurde: Es ging um den Verkauf von Milch. Einfuhren von Milchpulver aus der EU ließen den Traum afrikanischer Frauen, mit dem Handel von Milch ihren Lebensunterhalt zu sichern, platzen.

Zeul plädiert für eine „temporäre Migration“ zur Entwicklungshilfe

Der Journalist Uwe Schulz moderierte die Runde, das Publikum erlebte unter anderem eine streitbare Heidemarie Wieczorek-Zeul (76). An China gerichtet, gab sie Folgendes zu verstehen: „Wir wollen keinen digitalen Kolonialismus.“ Sie forderte „eine Form der regulären Zuwanderung, eine temporäre Migration“. Was sie darunter versteht: „Dass Menschen aus Afrika sich hier ausbilden lassen und in ihren Heimatländern dann beim Aufbau helfen.“

„Lieber einen großen Tisch als eine hohe Mauer“, lautet das Credo von Simon Aschoff. Man dürfe nicht vergessen, dass jeder neunte Mensch auf dieser Erde hungert. Aschoff ist bekanntgeworden, weil er als Medizinstudent als erster Ebola-Verdachtsfall in den Medien war. Er ist Gründungs- und Vorstandsmitglied des Vereins L’appell Deutschland, der sich in Ruanda und Sierra Leone im Gesundheits- und Bildungsbereich engagiert. Er kennt ein Rezept gegen die Überbevölkerung in den afrikanischen Staaten: „Am allerbesten begegnet man ihr mit einer Senkung der Kindersterblichkeitsrate. Wichtig ist auch Bildung: Gebildete Frauen bringen später, weniger und gesündere Kinder zur Welt.“

Uwe Schulz griff auch das Thema Polemik und Ängste auf: „Viele Menschen haben Angst, dass der Migrationsdruck noch wachsen könnte.“ Spiegel empfahl, bei den Themen Waffenexporte, Klimawandel, Agrarpolitik und Wirtschaftspolitik anzusetzen. „Migration gehört zur DNA der Menschheit“, so Spiegel. Eine Flucht aus Ohnmacht dürfe nicht von populistischen Parteien instrumentalisiert werden.

Ein weiteres Thema war die weitverbreitete Korruption in vielen afrikanischen Ländern. „Wir legen Wert auf eine Transparenz der Abrechnungen, ansonsten ist eine starke Zivilgesellschaft ein gutes Mittel gegen die Korruption“, erklärte Spiegel. Alle Podiumsteilnehmer stimmten darin überein, dass man den afrikanischen Staaten helfen müsse, noch stärker zu werden. barni

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