Die Glücksspiel-Stadt

Ein Konzept soll in einem Jahr fertig sein und Vergnügungsstätten überall in der Stadt verhindern.

Mönchengladbach. Mönchengladbach ist die Stadt des Glücksspiels. Laut einer Untersuchung des Vereins Arbeitskreis Spielsucht ist Mönchengladbach die kreisfreie Stadt mit den meisten Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeiten pro Kopf in ganz NRW. Allein in den vergangenen zwei Jahren ist die Zahl der Spielautomaten um 42 Prozent gestiegen (siehe Kasten). Aber damit soll Schluss sein. Es soll ein Gesamtkonzept geben, wie man die Zahl und Ansiedlungsorte von Vergnügungsstätten steuern kann. Das "Vergnügungssteuerkonzept" wird die Verwaltung bei einem externen Büro in Auftrag geben. Kosten: 40000 Euro.

In etwa einem Jahr soll das Konzept vorliegen, das regelt, wo Spielhallen, Wettbüros, Bordelle, Sex-Shops, Sex-Kinos und ähnliche Etablissements in Zukunft ihre Türen öffnen dürfen und wo nicht. Mönchengladbach wäre damit einer der Vorreiter in diesem Bereich. Das Konzept könnte auch gerade am Rande von laufenden Planungen wie zum Beispiel dem Projekt Rheydter Innenstadtkonzept eine wichtige Rolle spielen.

Aber nicht nur aus städtebaulichen Gründe, sondern auch wegen des Jugendschutzes und der Sozialstruktur hält Torsten Stamm, Leiter der städtischen Abteilung Stadtentwicklung, eine weitere ungesteuerte Expansion der Vergnügungsstätten für nicht wünschenswert: "Wir befürchten, dass die Verdrängung von Handel und Gastronomie aus den Innenstädten und die Verdrängung von Handwerksbetrieben aus Misch- oder Gewerbegebieten überhand nehmen."

Zuletzt hatten sich Glücksspiel-Betreiber bemüht, an der Friedrichstraße ein Ladenlokal zu übernehmen. Mit einem Einzelbeschluss hat die Politik in Stadtmitte das verhindern können. Man hatte damit auch die Interessengemeinschaft Friedrichstraße unterstützt, die in den vergangenen Jahren erfolgreich diesen Teil der Fußgängerzone aufgewertet hatte.

Rund um den Alten Markt hatte man im Herbst eine so genannte Veränderungssperre verabschiedet. Zwischen Markt, Waldhausener Straße, Ludwigstraße und der Turmstiege dürfen keine zusätzlichen Spielhallen, Sexshops oder Bordelle mehr eröffnet werden. Hintergrund war die Anfrage für einen Bau einer Spielhalle zwischen Turmstiege und Waldhausener Straße und die Sorge, dass mit der Zeit der historische Stadtkern abgewertet würde.

An der unteren Waldhausener Straße zwischen Aachener und Sternstraße gilt zum Beispiel ebenfalls eine Veränderungssperre, seit sich dort ein Porno-Kino neben dem anderen ansiedelte. Anwohner und letzte verbliebene Händler hatten "Negativeinflüsse" heftig kritisiert, fürchteten um ihre Existenz und Hausbesitzer um den Wert der Immobilien.

Die immer wieder notwendigen politischen Einzelentscheidungen von Viertel zu Viertel will man mit einem Gesamtkonzept verhindern. Das Konzept soll in der Zukunft Vorrang- und Ausschlussflächen benennen, also solche Gebiete, in denen sich Vergnügungsstätten zu allererst oder eben gar nicht niederlassen können. Zu sensiblen Bereichen gehören zum Beispiel das Umfeld von Kindergärten, Schulen und reine Wohngebiete. Bereiche, in denen "Millieu" zugelassen wird, muss es laut Stamm aber auch geben: "Wir müssen es als Teil unseres Stadtbildes akzeptieren."

Doch nicht immer steckt hinter Anträgen für Vergnügungsstätten auch der ernst gemeinte Wunsch, einen Betrieb zu eröffnen. Stamm ist sicher, dass einige Antragsteller auch darauf spekulieren, im Falle einer Ablehnung mit einer Schadenersatzklage erfolgreich zu sein. Auch was gerichtliche Schritte angeht, würde das Gesamtkonzept die Stadt auf die sichere Seite bringen.

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