Kritik Nur ein Corona-Selbsttest pro Schüler vor Osterferien

Düsseldorf · Tests sollen ein wichtiger Pfeiler in der Corona-Schutzstrategie werden. Für die Schüler kommt das allerdings erst langsam in Gang. Kritik kommt von vielen Seiten.

Kritik: Nur ein Corona-Selbsttest pro Schüler vor Osterferien
Foto: dpa/Zacharie Scheurer

Für die Schüler der weiterführenden Schulen in Nordrhein-Westfalen ist bis zum Beginn der Osterferien am 29. März zunächst nur ein einziger Corona-Selbsttest pro Kopf vorgesehen. Das teilte das Schulministeriums am Montag mit. Die Schulen sollen demnach sicherstellen, dass es vor den Osterferien einen Test-Tag bei ihnen gibt. Das schulische Personal soll dann die Durchführung der Selbsttests beaufsichtigen. Eigentlich sahen die bisherigen Planungen vor, dass die Schüler sich einmal pro Woche freiwillig unter Aufsicht in der Schule selbst testen können. Die weiterführenden Schulen sollen ab Dienstag die ersten von 1,8 Millionen Selbsttests erhalten, die in den beiden Wochen bis zu den Osterferien verteilt werden.

Die weitere Schulöffnung in der dritten Corona-Welle ohne die angekündigten Selbsttests für Schüler vom ersten Tag an sorgt für heftige Kritik. Die Gewerkschaft GEW wirft der Landesregierung vor, ihre Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. Auch die SPD-Opposition sieht Versäumnisse. Die Landeselternschaft der Gymnasien fordert Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) auf, das Schulthema wegen einer offenbar nicht gut funktionieren Zusammenarbeit der Ministerien für Schulen und Gesundheit zur Chefsache zu machen. Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) betont, die Schulen würden vorrangig mit Tests versorgt und bekämen so noch mehr Sicherheit für den Unterricht.

Die Stadt Bergisch Gladbach hat bereits am Montag aus eigenen Lagerbeständen an ihren weiterführenden Schulen freiwillige Corona-Selbsttests für Lehrer und Schüler angeboten. Von den anwesenden Schülern haben sich nach Stadtangaben etwa 70 bis 80 Prozent beteiligt. Insgesamt seien 18 Tests positiv gewesen. Es habe jeweils die Einwilligung der Eltern vorliegen müssen. Die Initiative sei „gut angenommen“ worden, sagte Bürgermeister Frank Stein (SPD). Die Grundschulen hatten geschlossen entschieden, nicht mitzumachen.

Nordrhein-Westfalen hat die Schüler weiterer Klassenstufen in die Schulen zurückgeholt. Seit Montag wird an den weiterführenden Schulen auch für die Schüler der Klassenstufen 5 bis 10 wieder in einer eingeschränkten Form in den Klassenräumen unterrichtet. Um die Zahl der Kontakte zu begrenzen, sind die Klassen und Kurse in der Regel in jeweils zwei Gruppen geteilt. In den zwei Wochen bis zum Beginn der Osterferien sollen auf diese Weise alle Schüler im Wechsel von Präsenz in der Schule und Distanzunterricht zu Hause lernen.

GEW-Landeschefin Maike Finnern wirft Gebauer einen Schlingerkurs vor. Obwohl die Tests für Schüler zunächst nicht da seien, obwohl die Regierung rasche Impfungen aller Schul-Beschäftigten verweigere, würden Schüler und Lehrer in den zwei Wochen bis zu den Osterferien zu Präsenzunterricht verpflichtet. „Jetzt für zehn Schultage wieder mit allen zu beginnen, birgt die Gefahr, dass Infektionen ausbrechen und in die Familien getragen werden.“ Gebauer hielt entgegen, durch den Dreiklang aus Schützen, Impfen und Testen werde der Schulbetrieb ab dieser Woche begleitet. Gesundheitsschutz und Bildungschancen sollen in einem ausgewogenen Verhältnis sichergestellt werden.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fordert einen Schulstopp bis Ostern. „Ich appelliere an die Länder, alle Schulen bis Ostern wieder zu schließen, auch die Grundschulen“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Montag) mit Verweis auf die Virusvariationen, die sich „insbesondere bei den Jüngeren rasant ausbreiten“. Die erneute Schließung von Schulen könne nur abgewendet werden, wenn Schüler zweimal pro Woche getestet würden. „Es war ein Fehler, die Schulen ohne flächendeckend funktionierende Testabläufe zu öffnen.“ SPD-Landtagfraktionschef Thomas Kutschaty betonte: „Die Schulen zu öffnen, ohne die Tests zur Verfügung zu stellen, ist wie ein Drahtseilakt ohne Sicherheitsnetz“.

Inzidenzwert in NRW ist auf 81,2 gestiegen

Die wichtige Kennziffer der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen ist in NRW auf 81,2 gestiegen, wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Montag mitteilte. Inzwischen sind bereits 14 Kreisfreie Städte und Kreise in NRW über der Marke von 100, darunter auch die Millionenstadt Köln. Die Länderchefs hatten bei ihrem Anfang März aufgestellten Fahrplan für Öffnungsschritte auch eine Notbremse eingebaut bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100. Ab dem Wert können in einem Land oder einer Region ab einer gewissen Zeit die strengen Regeln wieder in Kraft gesetzt werden, die bis zum 7. März galten.

Neben dem Kreis Düren ist der Oberbergische Kreis bei der Regierung wegen der weiteren Schulöffnung bei steigenden Infektionszahlen vorstellig geworden. Die Schulleitungen der Oberbergischen Gymnasien hätten sich in einem Schreiben an Landrat Jochen Hagt (CDU) besorgt geäußert und gefragt, ob der Präsenzunterricht der Stufen fünf bis zehn vor den Osterferien weiter ausgesetzt werden kann, wie eine Kreis-Sprecherin sagte. Das Gesundheitsministerium habe erklärt, eine Aussetzung des Öffnungsschrittes im Schulbereich nicht mitzutragen.

(dpa)
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