Hülser Straße Hülser Straße in Kempen: Ausschuss beschließt Baumfällung

Kempen · Die 17 Linden an der Hülser Straße können wohl nicht mehr gerettet werden. Trotz großen Protestes stimmen CDU, SPD, FDP und Freie Wähler für die Kreisverkehr-Erschließung des neuen Gewerbegebietes.

 Die „Lindenallee“ der Hülser Straße wird nicht erhalten. Für die Erschließung des Gewerbegebietes will die Stadt Kempen die Bäume fällen.

Die „Lindenallee“ der Hülser Straße wird nicht erhalten. Für die Erschließung des Gewerbegebietes will die Stadt Kempen die Bäume fällen.

Foto: Rainer Clute-Simon

Für den Betrachter wirkt es von außen kurios. Da diskutierten die Fraktionen am Montagabend in einer fast fünfstündigen Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Planung und Klimaschutz (UPK) lang und breit über Klimaschutz-Maßnahmen. Um in derselben Sitzung zu beschließen, dass an der Hülser Straße 17 Bäume gefällt werden sollen. Mit der Mehrheit von CDU, SPD, FDP und Freien Wählern Kempen (FWK) und gegen die beiden Stimmen der Grünen folgte der Ausschuss dem Verwaltungsvorschlag, einen Kreisverkehr für das neue Gewerbegebiet an der Hülser Straße zu bauen. Mit der Folge, dass die teils rund 100 Jahre alten Linde weichen müssen.

Mit dem Gewerbegebiet ist die Politik schon seit 2017 befasst

Die Kuriosität der Entscheidung ist aber der Tatsache geschuldet, dass das Verfahren zur Schaffung des Gewerbegebietes schon seit 2017 im Gange ist – und nun in der aufgeheizten Stimmung rund um das Thema Klimaschutz gelandet ist. In diesem Zusammenhang erinnerte Lutz Strothmann (SPD) an eine UPK-Sitzung im Februar 2019, in der Planungsamtsleiter Heinz-Peter Cox auf Anfrage von Michael Rumphorst (Grüne) gesagt habe, dass womöglich „zehn bis 15 Linden“ bei der Kreisverkehr-Lösung zur Disposition stünden. Laut Strothmann wurde das damals von den Grünen zur Kenntnis genommen. Die Änderung des Flächennutzungsplans sei ohne Gegenstimme weitergeleitet worden. „Ganz ehrlich: Wir kennen das Thema alle schon länger. Jetzt kann man nicht so tun, als käme das überraschend“, so Strothmann, der Rumphorsts Aussagen zum Thema der aufgeladenen Atmosphäre rund um den Klimaschutz zuschrieb. Zuvor hatte Rumphorst kundgetan, er sei ob der Verwaltungsvorlage „schockiert“.

Bevor es in eine emotionale Debatte ging, stellte Cox noch einmal die verschiedenen Varianten gegenüber. Neben der Kreisverkehr-Lösung in Höhe der Heinrich-Horten-Straße ging er auch auf die Anregungen aus der Protestbewegung ein. Zum einen ein Kreisverkehr auf dem Außenring, zum anderen ein sogenannter ovaler Kreisverkehr auf der Hülser Straße. Aus planungstechnischer Sicht würden bei beiden Vorschlägen die Nachteile überwiegen, so Cox.

Ein Kreisverkehr auf der Umgehungsstraße sei insbesondere problematisch, weil der Landesbetrieb Straßen.NRW dort zuständig ist. Die Verwaltung hält es für unwahrscheinlich, dass die Landesbehörde das Projekt mitträgt. Zudem müssten weitere Flächen angekauft und versiegelt werden. Ferner müsste der Mobau-Baumarkt, der sich als erster Gewerbetreibender im neuen Gebiet direkt an der B 509 ansiedeln will, innerhalb der Fläche noch einmal verlagert werden.

SPD und CDU sprechen
von sachlicher Abwägung

Die ovale Lösung käme womöglich eher in Betracht. Auch dort würde aber aus Sicht der Verwaltung mehr Fläche versiegelt werden müssen als bei der „normalen“ Kreisverkehr-Lösung (zirka 3000 Quadratmeter). Ebenso sieht Cox den ovalen Bau nicht als „Tempobremse“. Bei einem konventionellen Kreisverkehr würde der Verkehr wesentlich besser verlangsamt werden. „Die Linden zu fällen, ist ohne Frage ein großer Eingriff und auch ein Verlust“, so Cox. Dafür werde die Stadt Ausgleichspflanzungen vornehmen, die den Verlust zwar nicht sofort, aber im Laufe der Jahre kompensieren sollen. Mit Blick auf die Kosten seien beide Alternativen teurer als ein Kreisverkehr.

„Diese 17 Bäume zu fällen, ist schlimm“, so Lutz Strothmann für die SPD. „Unsere Aufgabe ist aber, dieses Thema von der emotionalen auf die sachliche Ebene zu verlagern. Und da sehen wir zum Verwaltungsvorschlag keine Alternative.“ Mit Blick auf den Oval-Vorschlag warf Strothmann die Frage auf, ob eine größere Flächenversiegelung nicht auch ökologisch fragwürdig sei. Beim Thema B 509 werde der Landesbetrieb der Stadt „den Vogel zeigen“. Die SPD regte an, für die gefällten Linden eine „deutlich höhere Ersatz-Pflanzung“ anzugehen. Dabei stieß er bei den anderen Fraktionen und der Verwaltung auf offene Ohren.

Letzter Versuch der Grünen
war ein Antrag auf Vertagung

„Um es mal deutlich zu machen: Wir sind nicht die Partei der Baumfäller“, so Stefanie Beyss (CDU). „Unsere Aufgabe ist aber, die Interessen der Stadt und der hier lebenden Bürger abzuwägen.“ Und diese Abwägung habe auch die CDU auf den Weg der Verwaltung geführt. Die ovale Lösung habe zu viele Nachteile. In diesem Zusammenhang erwähnte der künftige CDU-Fraktionschef Jochen Herbst auch den Verkehr durch die Rettungswache an der Heinrich-Horten-Straße.

„Herr Cox, das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein. Sie stellen hier die Fällung von 17 Linden als alternativlos dar“, kommentierte Michael Rumphorst für die Grünen. In der Verwaltung müsse in Sachen Planung mal ein Umdenken einsetzen. „Sie sollten sich nicht weiterhin dem Diktat der Wirtschaftlichkeit unterwerfen.“ Den Grünen fehlten bei der Vorstellung der alternativen Lösungen die Details. „Das ist mir alles zu vage. Legen Sie uns doch bitte alle Vorschläge mit allen Vor- und Nachteilen und konkreten Kosten vor“, sagte Rumphorst. Daher beantragten die Grünen eine Vertagung des Beschlusses. Dieser Vorschlag wurde von der SPD mitgetragen. CDU, FDP und Freie Wähler sahen das Thema aber als ausdiskutiert an und so kam es letztlich zum Beschluss.

Und so mussten die vielen Naturschützer, die der Sitzung beiwohnten, diese Entscheidung enttäuscht hinnehmen. Die Stadt Kempen will noch in diesem Jahr mit dem Projekt beginnen, weil die Firma Mobau im nächsten Jahr starten will. Bürgermeister Volker Rübo (CDU), der für die Verwaltungsspitze teilnahm (Dezernent Marcus Beyer ist schon für die Stadt Krefeld tätig), sprach von einem „Eingriff, der äußerst schwer fällt“. Dennoch sehe er den Kreisverkehr als beste Lösung an. „Zumal wir das Gewerbegebiet ja weiterentwickeln wollen“, so Rübo. Da brauche es auch eine entsprechende Erschließung.

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